Herri Batasuna sucht Regierungsverantwortung

Politische Basken

Xabier Arzalluz ist ein Baske. Nicht irgendeiner, sondern ein politischer. Und das nicht nur, weil er Vorsitzender der Baskisch-nationalistischen Partei (PNV) ist, sondern weil er selbst entscheiden kann, wo es lang geht. Die baskischen Sozialdemokraten, so meinte Arzalluz am Sonntag, könnten das nicht. Sie sind eben auch keine "politischen Basken".

Trotzdem dürfen sie eventuell Koalitionspartner von PNV und der ebenfalls baskisch-nationalistischen Solidaritätspartei (EA) werden - wenn sie akzeptieren, daß Arzalluz' Partei die Richtlinien der Baskenregierung in Nordspanien bestimmt. Aber die Sozialdemokraten haben erst Anfang Juli die Koalition mit PNV und EA beendet, weil sie deren nationalistischer Drift nicht folgen wollten.

Seitdem haben sie ernsthafte Konkurrenz bekommen: von Herri Batasuna (HB) und ihrer Wahlallianz Euskal Herritarrok (Baskische Bürger). Bei den "Linksnationalisten" kann man sich nämlich durchaus vorstellen, eine Minderheitsregierung aus PNV und EA zunächst zu stützen, um dann nach etwa sechs Monaten eventuell direkt auf der Kabinettsbank Platz zu nehmen. Am Sonnabend entschied sich die Basis der Partei jedenfalls deutlich dafür. Und einige forderten sogar einen schnelleren Koalitionseintritt, bevor ihnen die Sozialdemokraten doch noch die begehrte Rolle als parlamentarischer Mehrheitsbeschaffer wegschnappen.

HB hat jedenfalls einen Vorteil: Sie sind "politische Basken" ganz im Sinne Arzalluz'. Die Stimmung zwischen den verschiedenen baskisch-nationalistischen Parteien ist besser als je zuvor. Die Linksnationalisten müssen nicht einmal mehr die Demonstrationen für die Verlegung von über 500 Eta-Gefangenen ins Baskenland alleine veranstalten: Erstmals rief auch die EA zu einer Solidaritätsdemonstration am Sonnabend in Bilbao auf. Die PNV konnte sich dazu zwar noch nicht entschließen. Aber immerhin ließen sich einige hochrangige Politiker von Arzalluz' Partei unter den mehreren zehntausend Teilnehmern blicken. Wenn sich bis Weihnachten an der "Gefängnisfront" nichts tut, dann "werden wir uns alle auf der Straße wiedersehen", erklärte Arzalluz.

Andererseits pocht HB bei den Kontakten zur spanischen Zentralregierung seit dem Waffenstillstand der Eta vom 16. September (Jungle World, Nr. 39/98) darauf, nicht nur die linken Nationalisten einzubeziehen. Auch PNV und EA wollen ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Zukunft "ihres Landes" geht. Ohne die Mitarbeit der beiden Parteien am Nordirlandforum, das sich nur wenige Tage vor dem Eta-Waffenstillstand mit der "Erklärung von Estella" für eine Gesprächslösung nach nordirischem Beispiel einsetzte, wäre HB wohl bis heute nicht dialogfähig.

Gegen die nationalistisch-linksnationalistische Zusammenarbeit formiert sich auf der anderen Seite ein spanischer Block, vorangetrieben vor allem durch den konservativen Partido Popular, die Partei von Ministerpräsident José Mar'a Aznar. Aus Angst vor Wählerverlusten haben die Sozialdemokraten nachgezogen. So stehen sich mittlerweile eine Basken- und eine Spanienfront gegenüber.

Außen vor bleibt dabei die Vereinigte Linke (IU). Zwar unterzeichnete ihr baskischer Ableger ebenfalls die Erklärung von Estella, und die IU ist keine Vertreterin zentralspanischer Autorität. Andererseits kommt eine Koalition mit der konservativen PNV für die Partei nicht in Frage. Ein IU-Politiker erklärte am Wochenende der Tageszeitung Diario Vasco: "Dafür sind unsere Programme zu weit auseinander."