Naumanns Alternative zum Holocaust-Mahnmal

Oder doch ein Riesenrad?

Ganz im Sinne seines Chefs Gerhard Schröder präsentierte Michael Naumann, Staatsminister für Kultur, jetzt, was er sich als Alternative zum Holocaust-Mahnmal von Peter Eisenman vorstellt.

Schröder will einen Ort, "wo die Deutschen gern hingehen", also auf keinen Fall die Betonstelen von Eisenman, und Naumann schlägt nun ein Dokumentationszentrum mit drei Komponenten vor: Ein Forschungszentrum, ein Archiv und wechselnde Ausstellungen zum Holocaust sollen in einem Haus untergebracht werden. Angegliedert werden soll dem ein "Garten der Erinnerung und des Spiels" - eine Idee von György Konr‡d. Nach Naumanns Vorstellungen soll in Zusammenarbeit mit dem Washingtoner Holocaust-Memorial, der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem und dem Leo-Baeck-Institut in New York eine Mischung aus Institut und Museum entstehen.

Im Wahlkampf noch hatte er sich für die "authentischen Orte" als Stätten des Erinnerns ausgesprochen und damit Zuspruch von vielen geerntet, die befürchteten, ein zentrales Denkmal für die ermordeten Juden könnte die - auch finanzielle - Aufmerksamkeit für die ohnehin armselig ausgestatteten KZ-Gedenkstätten mindern. Naumanns aktueller Vorschlag ist so ziemlich genau das Gegenteil seines Geschwätzes von gestern: Jedenfalls hat dieser Versuch, ein Gedenkstättenkonzept zu adaptieren, das in den USA oder in Israel erfolgreich ist, nichts mit den viel beschworenen "authentischen Orten" zu tun. Schließlich stehen Yad Vashem und das Holocaust Memorial in Ländern, in denen es keine solchen Orte gibt.

Als Alternative zum Holocaust-Mahnmal will Naumann ein Museum, das den Leuten nicht zuviel zumutet. Daß er sich als Archiv die "Survivors of the Shoah"-Video-Sammlung von Steven Spielberg wünscht, braucht er nicht einmal auszusprechen. "Wenn das die Alternative zum Mahnmal sein soll, muß Naumann offen sagen, daß er kein Denkmal für die ermordeten jüdischen Frauen, Männer und Kinder will", empörte sich Lea Rosh, die Vorsitzende des Mahnmal-Förderkreises, um wenige Tage später vorzuschlagen, man solle doch beides bauen: das Denkmal und das Museum. Lea Rosh ist nämlich auch stellvertretende Vorsitzende des Förderkreises für ein Holocaust-Museum.

Auf einer Pressekonferenz des Förderkreises sprachen sich die anwesenden Vertreter fast aller Bundestagsparteien für ein Mahnmal aus, zumindest aber dafür, den Wettbewerb zu einem Ende zu bringen. Einzig Heinrich Fink, parteiloser Abgeordneter der PDS-Fraktion und deren kulturpolitischer Sprecher, unterstützte Naumann. Er betonte aber, daß dies seine Meinung und nicht die der Partei sei. Bisher war die PDS für das Mahnmal. Am Ende werden sie einen Kompromiß finden, vielleicht noch ein paar hundert Betonstelen weniger, oder aber - auch das ist laut Frankfurter Rundschau schon im Gespräch - man okkupiert einfach das Jüdische Museum.

Die Walser-Debatte zeitigt erste Folgen. Ignatz Bubis sollte vielleicht noch einmal klarstellen, daß sein Kommentar zum Naumann-Vorschlag, doch gleich ein Riesenrad neben das Mahnmal zu bauen, damit auch die Kinder kommen, nicht ganz ernst gemeint war. Wer weiß, nachher beruft sich noch jemand darauf.