CityExpress

In der letzten Woche wurde in Hamburg eine neue Fernseh-Serie vorgestellt, die fast ausschließlich in einem Intercity spielt. Ich bin da hingegangen, weil ich es langsam leid bin, von meinem Schlafzimmer in die Küche und zurück zu schleichen, und weil Wartezimmer von Ärzten einem auch nicht gerade den Blick in die große weite Welt gestatten.

Übrigens kann es sein, daß ich nicht alles richtig wiedergebe, was ich bei dieser Preview gesehen habe - zwischendurch war ich auch mal kurz eingenickt -, aber dafür gibt es eine astreine Entschuldigung: Neulich mußte ich mich einer Behandlung unterziehen, die den Einsatz einer Herz-Lungenmaschine erforderlich machte und danach erzählte mir der Chirurg, daß Patienten, denen solches widerfährt, später etwas durcheinander sind und Konzentrationsstörungen haben. Das war bzw. das hatte ich vorher zwar auch schon, aber das muß ja nicht gleich jeder wissen.

Vorne saß jedenfalls ein Riesenaufgebot von Fernsehleuten und Schauspielern - ungefähr so viele wie Journalisten da waren -, von hochrangigen Chefs und Producern und was weiß ich; auf jeden Fall weiß ich aber, daß, wenn der Chef persönlich anwesend ist, es sich nur um Schrott handeln kann.

Diese Serie sei eine Herausforderung, wurde mehrfach wiederholt, weil es sich um die weltweit erste Serie handle, die in einem Zug spielt, und technisch seien bestimmte Probleme gelöst worden - die ich mir nicht merken konnte (s. o.) -, so daß man jetzt Schwenken, Fahren und Zoomen könne, bis es kracht. Also, "bis es kracht" haben die so nicht gesagt, das wäre wohl auch nicht opportun nach Eschede. Man könne aber inzwischen alles machen, was man wolle. Den Eindruck habe ich vom Fernsehen schon lange. Außerdem, sagte einer von den Chefs , seien Spezialeffekte eingebaut worden, "die man gar nicht merkt". Du liebe Zeit, was soll das denn, wenn man's gar nicht merkt? Wir sind doch nicht beim Zahnarzt!

Jetzt kommen ein paar Zahlen, die ich direkt mitgeschrieben habe und für die ich mich verbürge, ich hab sie mit meinem Nachbarn verglichen, nämlich: es sollen fünf Millionen für Marketingmaßnahmen rausgetan werden, es soll 40 Folgen geben, und eine Folge kostet nicht ganz so viel wie eine Folge "Lindenstraße", also 300 000 Mark für eine halbe Stunde. Das sagt mir auch nicht viel, außer daß es eine Menge Schotter ist für solch einen Quatsch.

Ich bin ja selbst vor x Jahren auf dem Trans-Europa-Express als Kellnerin gefahren, und da war praktisch nie was los, nur einmal, da lag der Koch besoffen hinterm Herd und ich mußte, statt zu servieren und Trinkgeld einzustreichen, stundenlang Spiegeleier und Bratkartoffeln herstellen.

Desweiteren sagten die Fernsehleute noch, daß sie eine zweistellige Zuschauerzahl erwarten, da muß ich mich aber verhört haben, denn die höchste zweistellige Zahl ist doch 99, oder?

Wir mußten uns sogar noch eine Folge ansehen, da kamen eigenartige Dialoge drin vor, z.B. sagt ein 15jähriger Schuljunge zu einem 14jährigen Schulmädchen: "Können diese Augen lügen?" Cool, ey.

Es wird ja immer enger: "Lindenstraße" spielte noch in einer ganzen Straße, dieser Klopper spielt in einem Zug, die nächste Soap könnte ich mir komplett in einer Damentoilette gedreht vorstellen. Freuen Sie sich schon mal auf 400 Folgen von "Soll ich noch mal überwischen oder sind die Damen verwandt?"

"CityExpress" startet am 18. Februar, 21.45 Uhr, ARD