Unternehmen zahlen es den Zwangsarbeitern heim

Abgewickelte Altlasten

Ab 1. September 1999 wird zurückgezahlt. Zumindest berichteten das verschiedene deutsche Zeitungen unter Berufung auf den Spiegel. Danach sollen sich die deutschen Unternehmen, die durch die Sammelklagen von Überlebenden aus den USA unter Druck geraten sind, auf ein Stiftungsmodell geeinigt haben, das sich an der deutsch-tschechischen Ausgleichsstiftung und dem polnischen Entschädigungsfonds orientiert: Neben Entschädigungen sollen auch der Erhalt von Gedenkstätten und der Jugendaustausch finanziert werden.

Die Arbeitsgruppe unter der "Moderation" von Kanzleramtsminister Bodo Hombach einigte sich damit auf das von osteuropäischen Überlebenden aufs schärfste kritisierte Modell, das die Ausdehnung des deutschen Einflusses in Osteuropa geschickt mit der Abwicklung einer Altlast verbindet. Mit diesem Modell geht es nun in die Verhandlungen mit der US-Regierung, denn als Gegenleistung wird ein besonderer Schutz der deutschen Unternehmen gegen Sammelklagen gefordert. Dafür müßte in den USA ein Gesetz oder eine Verordnung verabschiedet werden, um zivile Entschädigungsklagen zu verbieten.

Seit dem Gespräch von Bundeskanzler Gerhard Schröder mit den Spitzen der deutschen Unternehmen im Oktober 1998 wird fast jeden Monat der Durchbruch in der Arbeitsgruppe Hombach gemeldet, ohne daß dem etwas folgt. Zu groß sind die Widersprüche unter den Unternehmen, zu unterschiedlich die Forderungen nach Rückgabe und Entschädigung, denen sie sich gegenüber sehen. Unternehmen wie die Deutsche Bank müssen sich im Zuge ihrer globalen Expansion auf die amerikanischen Märkte wohl oder übel auf Verhandlungen einlassen.

Trotzdem sind Zweifel an dieser doch plötzlich zustande gekommenen Einigung angebracht. Ob die inoffizielle Ankündigung mehr ist als eine diplomatische Geste an die Adresse der USA, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Der zeitliche Ablauf jedoch - die Einigung mit den österreichischen Banken, die Ankündigung der Entschädigungsstiftung und danach die neuen Belege über die Beteiligung der Deutschen Bank am Aufbau von Auschwitz - deutet darauf hin, daß es sich um ein weiteres Manöver handelt. In jedem Jahr sterben etwa zehn Prozent der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter; bis zum 1. September werden wieder etliche tot sein, ohne auch nur einen Pfennig erhalten zu haben.

Daß es bis zu diesem Zeitpunkt, dem 60. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, nicht nur eine Einigung unter den Unternehmen gegeben haben wird, sondern auch mit den "Haifischen im Anwaltsgewand" (Rudolf Augstein), die die ehemaligen Überlebenden vertreten, ist jedoch nicht abzusehen.

Am Sonntag reiste Hombach zu ersten Gesprächen in die USA, zeitweise begleitet von Deutsche Bank-Chef Breuer. Den beiden ist zu wünschen, daß die Überlebenden ihre letzte Möglichkeit nutzen und die deutschen Unternehmen mit einer Klagewelle überziehen.