Generalstreik gegen den peruanischen Präsidenten

Autoritär und populär

Wo zum Generalstreik aufgerufen wird, sind Kommunisten nicht weit. Das dachte sich auch der peruanische Präsident Alberto Kenyo Fujimori, als der Gewerkschaftsdachverband Confederaci-n General de Trabajadores de Perœ (CGTP) vergangenen Mittwoch zum 24stündigen Generalstreik gegen den Präsidenten blies.

Und gegen Kommunisten muß man aufbieten, was dem autoritären Regime so zur Verfügung steht. Bewaffnete Soldaten wurden landesweit - vor allem in der Hauptstadt Lima - vor öffentlichen Gebäuden postiert, über 20 000 Polizisten zusätzlich in die größeren Städte des Landes geholt, eine große Menge Tränengas verschossen und insgesamt 45 Leute festgenommen. Schon im Vorfeld drohte Fujimori ein Verbot des Streiks an, weil es sich nicht um eine Meinungsäußerung der Arbeitervertreter, sondern um eine politische Kundgebung handele. Auch Arbeitsminister Pedro Flores bezeichnete den Ausstand als "illegal" und drohte den Streikenden mit Verweigerung der Lohnzahlung oder Rausschmiß.

Immerhin war es der erste Streik in der neunjährigen Amtszeit Fujimoris - und die Gewerkschaften zeigten sich sogar sehr zufrieden: Nach Angaben des CGTP-Präsidenten José Luis Risco folgten rund 70 Prozent der Arbeiter dem Aufruf; in einigen Bereichen sollen es sogar an die 100 Prozent gewesen sein. Bei Krawallen wurden Steine geworfen und brennende Barrikaden errichtet.

Soviel Aufmüpfigkeit sieht der peruanische Präsident gar nicht gern, vor allem nicht, wenn er selbst im Zentrum der Auseinandersetzung steht. Denn die Gewerkschaften protestierten nicht nur gegen die wirtschaftliche, soziale und arbeitsrechtliche Politik des Präsidenten. Vielmehr ging es darum, die oppositionellen Kräfte gegen ihn zu bündeln, um das Ende seiner Herrschaft zu erreichen. So unterstützten auch Fujimoris Gegenkandidaten für die Präsidentschaftswahl im April kommenden Jahres den subversiven Streikaufruf der kommunistischen Gewerkschaften. Beispielsweise Alberto Andrade, der Bürgermeister von Lima, oder César Rodriguez Rabanal, Präsident des Demokratischen Forums. Das Demokratische Forum war Mitte letzten Jahres mit einer Unterschriften-Aktion gegen die geplante dritte Amtszeit von Fujimori nur knapp gescheitert.

Der Präsident hat sich bereits bestens auf

die Wahlen vorbereitet. Zwar läßt die peruanische Verfassung nur maximal zwei fünfjährige Amtsperioden eines Präsidenten zu. Aber weil die Verfassung 1992 geändert wurde, soll die erste Regierungszeit Fujimoris nicht mitgerechnet werden. Um diese "authentische Interpretation" der Verfassung zu erreichen, besetzte der Präsident die Richtersessel des Verfassungsgerichts mit seinen Gefolgsleuten und holte sich die Rückendeckung des Parlaments. Außerdem wurde die Verantwortung für die Wahlorganisation an einen kompetenten Mann übergeben: Vladimiro Montesinos, oberster Präsidentenberater mit guten Kontakten zur Armee des Landes und zugleich Chef des peruanischen Geheimdienstes. Die Schlüsselpositionen des Apparats sind längst mit Fujimoris Leuten besetzt.

Deswegen beließ der Präsident es dann doch dabei, Polizei und Armee gegen den Streik drohend aufmarschieren zu lassen, statt den Protest von Beginn an zu unterdrücken - um Stärke nach innen und gleichzeitig demokratisches Bewußtsein nach außen zu demonstrieren.

Nach neun Jahren fujimorismo trafen die Gewerkschaften mit dem Streik aber auch einen entscheidenden Punkt: die wirtschaftliche Misere des Landes. Für dieses Jahr wird schließlich sogar ein negatives Wachstum von etwa drei Prozent erwartet, Firmenpleiten sind an der Tagesordnung, und die Quote der Arbeitslosen oder Unterbeschäftigten steigt stetig. Unterbeschäftigung bedeutet in Peru vor allem, sich im informellen Sektor irgendwie durchzuschlagen - und das betrifft immerhin rund die Hälfte der Bevölkerung.

Doch den selbstherrlichen Fujimori ließ dies bisher kalt - er weiß nicht nur den Apparat hinter sich, er kann auchwegen seiner perfekten Selbstinszenierung immer noch auf Unterstützung aus den verarmten Bevölkerungsschichten zählen - paradox, aber, wie die Meinungsumfragen zeigen, dennoch wahr.