Butterfahrt mit Surfbrett

Shoppen in der virtuellen Stadt: Die Internet-Version des Neckermann-Katalogs

Wer im WorldWideWeb nach Seiten zu seinen Lieblingsthemen sucht, kann sich in der Regel auf eine hohe Telefonrechnung gefaßt machen. Fehlt die genaue Adresse, ist man auf Suchmaschinen angewiesen und muß sich im Zweifel stundenlang mit über tausend Links als Suchergebnis herumschlagen, nur um einige interessante Seiten herauszufischen.

Online-Communitys wollen dem etwas entgegensetzen: Statt vereinzelt im weltweiten Netz zu surfen, treffen sich Gleichgesinnte auf den Seiten einer virtuellen Stadt, wo sie ihre Homepages einrichten, in Foren oder Chat-Räumen miteinander kommunizieren können und die für sie interessanten Web-Seiten finden.

Die Idee scheint vielversprechend, doch leider bleibt die Umsetzung meist weit hinter den Erwartungen zurück: Weder Geocities noch eBay, zwei der erfolgreichsten Communitys, sind überhaupt als virtuelle Stadt zu erkennen. Ihre Startseiten unterscheiden sich kaum von Suchmaschinen oder Verzeichnissen wie Yahoo oder Fireball.

Geschickter präsentiert sich ein Neueinsteiger, die erste Community dieser Art, die von Deutschland aus ans Netz geht: Unter http://www.freshworld.de landet man auf den Cartoon-Straßen der Freshworld Pleasure Community. Hotel, Club Bizarre und Einkaufszentrum stellen die bislang noch überschaubare Stadt der neuen Online-Gemeinschaft, die offiziell am 2. Juni mit einer Startup-Party in München eröffnet wird.

Schon die im Comic-Stil gezeichnete Startseite mit dem Sprayer-Logo der Freshworld Pleasure Community bricht völlig mit dem Design bisheriger Online-Gemeinschaften. Ein Mausklick auf die Eingangstür des Hotels, und man steht an der Rezeption, wo die Zimmer (kostenlose Homepages mit E-Mail-Adresse) vergeben werden. Über die Links auf der Gästeliste kann man sich bei seinen NachbarInnen umsehen.

Wieder zurück auf der Straße, findet man auf der gegenüberliegenden Seite den Eingang zum Club Bizarre, wo man sofort vom Barkeeper am virtuellen Tresen zum Chat aufgefordert wird. Hinter den Links an Billardtisch und Flipper verbergen sich Computerspiele und selbst Klosprüche kann man auf einem Messageboard hinterlassen.

Spätestens auf der "Shopping-Mall", dem elektronischen Einkaufszentrum, werden Ziel und Zielgruppe deutlich: CDs, Skateboards und Online-Magazine. "Freshworld ist die virtuelle Kommunikationsplattform für junge Leute", beschreibt Oliver Bischoff von der Internet-Agentur Freshnet und Projektverantwortlicher, die neue Community. "In dieser Welt wird die Sprache der Jugendlichen gesprochen, werden ihre Produkte angeboten und ihre Trends geboren."

Das Prinzip hat sich bereits am Markt bewährt: Wie andere Communitys finanziert sich auch Freshworld über Anzeigen und Sponsoring. Während die SurferInnen weder für Homepage noch E-Mail-Adresse bezahlen und ihnen mit Verlosungen, Online-Games und Szenemagazinen (von den Telefongebühren mal abgesehen) kostenloser Rundum-Service geboten wird, zahlen Werbekunden, Sponsoren und Online-Shops - natürlich nicht ohne davon zu profitieren. Ihr Vorteil: Sie erreichen eine klar definierte Zielgruppe und können Werbung und Angebot genau darauf abstimmen.

Fast ausschließlich an Konsum und Gewinn orientiert sind die meisten der bereits etablierten Online-Communitys: Auktionshäuser, Flohmärkte und Einkaufszentren. Auf den Seiten von Geocities (www.geocities.com) haben bereits über drei Millionen Leute eine private Homepage. Chats, Verlosungen, Umfragen und andere interaktive Spielchen lotsen die UserInnen durch die Seiten - je mehr Zugriffe, desto attraktiver für WerbekundInnen. Dementsprechend kann man sich auf den meisten Seiten vor Werbebannern kaum retten und die Ladezeiten sind enorm.

Im weltgrößten Online-Auktionshaus eBay treffen sich unter www.ebay.com Zehntausende, die sich gegenseitig alles Mögliche abkaufen und in Chat-Räumen die Preise diskutieren. Allein im vergangenen Jahr sind hier Waren für rund eine dreiviertel Milliarde Dollar über den virtuellen Ladentisch gegangen: Stofftiere, Gartenzwerge, Rolex-Uhren, Basketball-Karten und Elvis-Devotionalien.

Einige Anbieter aus Deutschland versuchen nun, ebenfalls vom Boom zu profitieren - schließlich nutzen hierzulande inzwischen schon rund 8,4 Millionen Menschen das Internet. Electronic Commerce, kurz e-Commerce, ist dabei stark im Kommen: Kaum noch etwas, das nicht über das Internet zu beziehen wäre. Eine ganze Reihe von Auktionen und Flohmärkten nach dem Vorbild von eBay sind im letzten halben Jahr auch in Deutschland entstanden. Zwar haben die meisten noch ein sehr begrenztes Angebot, doch die Umsatzsteigerungen können sich bereits sehen lassen.

Alles nichts für die Jüngeren, die jetzt mit Freshworld eine speziell für sie programmierte Online-Community im Netz finden. Dabei ist gerade die Zielgruppe von Freshworld - die der 15- bis 30jährigen - bereit, das neue Medium Internet zu nutzen.

Die Community-GründerInnen wollen trotzdem nichts dem Zufall überlassen: Mit dem Online-Musikmagazin Sound.de, das bereits 400 000 Zugriffe monatlich verzeichnet, und anderen Szene-Medien kann die neue Internet-Stadt schon jetzt bekannte Anlaufstellen im Netz vorweisen.