Frauenfitness-Magazin Shape

Cantienica, der Lenz ist da

Wie man's auch macht, man macht es falsch: Der Bauch wird einfach nicht hart und damit die Karriere nicht straight. Angetreten, dieser Misere abzuhelfen, sind ja in den letzten Jahren mehrere Magazine - seit Februar dieses Jahres ist nun aber das erste Body-Styling-Magazin für die weibliche Zielgruppe auf dem deutschen Markt: Shape (Untertitel: Für Frauen, die in Form sein wollen).

Die Adaption des US-Verkaufsschlagers aus dem Marquard-Verlag (u.a. Cosmopolitan) ist Brigitte-mäßig gelayoutet und macht klare Vorgaben: "Anatomisch richtig ist leicht ist ökonomisch ist schön. Der Körper ist ein Wunderwerk, ein Meisterinstrument. Er liebt den sorgfältigen, behutsamen Umgang. Probieren Sie's doch einfach mal auf die 'unchristlich' leichte Tour. Ich weiß, das ist ganz schwer in einer Kultur, in der es ohne Fleiß keinen Preis gibt." Schreibt die Chefredakteurin mit dem Sommer-Sonne-Rimini-Namen Benita Cantieni im Editorial der Mai-Ausgabe.

Die ersten, die sich zu diesen unchristlichen Rebellinnen des Körper-trends zählen dürfen, kriegen dann auch in jeder Ausgabe "Applaus!" (so heißt auch die Rubrik). "Silvias Leben" ("Sie schwor sich: Nie wieder dick!") beispielsweise veränderte sich durch Jogging: "Heute geht sie mindestens 5 mal die Woche im Park joggen. Bei Wind und Wetter." Respekt! - Ich weiß, das ist ganz schwer in einer Kultur, in der es ohne Fleiß keinen Preis gibt. Noch schwerer wäre es allerdings in einer Kultur, in der man nicht nach der Cantienica-Methode trainiert - die ist benannt nach der Chefredakteurin.

Eigentlich ist Shape auch nur das Magazin zum Cantienica-Buch, das schon länger auf dem Markt ist, denn alle Übungen im Heft sind irgendwie cantienica. Denn die sind auch auf die leichte Tour ökonomisch und schön. Machen wir's nun mal ein wenig ideologiekritisch: Den geformten Körper der Frau erhebt Shape also zum Kult-Objekt - passend zum momentan angesagten körpergeil-exhibitionistischen Prominenten-Posing im Playboy. Die Frau soll Chefin über ihren eigenen Körper werden - Motto: "Die einzige Autorität für sich selbst sind - Sie!" (Editorial).

Emanzipation wird ins Fitneß-Studio verlegt: Dabeisein ist alles! Wer nicht mitmacht, ist keine Frau, means: nicht ansehnlich, nicht fit, untauglich, hat's nicht besser verdient. Die grazile Schmiegsamkeit mit dem "Power-Po!" (Shape) ist die Chiffre für's unauffällige In-der-Männerwelt-Durchkommen. Und wo frau die Zeichen der Zeit so deutlich signalisiert, da erkennt jede Hausrubensfrau die Signale - das Echo im Leserbrief von Reinhilde Nagl aus dem Fitneß-Spital "A-Spittal-Drau" klingt dann so: "Ich selbst war ein Leben lang übergewichtig. Aber nun habe ich für mich selbst erkannt: Bewegung ist das einzig Richtige. Besonders die Geschichte von Chantal hat mich sehr berührt. Kurz: Ich bin total begeistert."

Kurz: Wollt ihr die total gefühlsselige Körperertüchtigung? Oder eher den "Einklang von Kopf und Körper" (Fit for Fun)? Oder doch gleich die "Fitneß-Revolution" (Men's Health)? Egal, eine Wahl habt ihr eh nicht! Oder falls doch, dann die zwischen Schweißtreiberei oder Schönheitschirurgie.

Das Lustige bei der ganzen Individualitäts- und Typen-Koketterie ist aber wohl, daß die ganze Herde sich als schwarzes Schaf auszugeben versucht. Im Fernsehen laufen so gerade zwei Spots (der eine für ein Haar-Shampoo, der andere für Nivea-Make-up), in denen es fast wortgleich heißt: "Welcher Typ ich sein will? Gar keiner!" Toll, das ist dann wirklich Individualität.