Indonesien sorgt für Ruhe und Ordnung

Ruhe und Ordnung Habibie als Held

Es kommt rund einen Monat später als geplant, aber es kommt: Das Referendum über die Autonomie der indonesischen Provinz Osttimor. Darauf einigten sich vergangenen Mittwoch zumindest die Außenminister Indonesiens und Portugals - einst Kolonialmacht über Osttimor - im Hauptquartier der Vereinten Nationen (UN) in New York.

Über den zukünftigen Status der Provinz soll nun am 8. August abgestimmt werden. Der indonesische Präsident Bacharuddin Jusuf Habibie verbucht das bereits als persönlichen Erfolg, um sein Reformerimage aufzupäppeln. Schließlich hatte er im Januar der im Dezember 1975 militärisch besetzten und später annektierten Provinz die Autonomie angeboten, um damit die Abspaltung Osttimors zu verhindern. Für den Fall, daß das Autonomiestatut abgelehnt wird, stellte Habibie die Unabhängigkeit in Aussicht.

Damit geben sich der Präsident und sein Außenminister Ali Alatas, der in New York die Unterschrift leistete, kompromißbereit. Im Gegensatz zum indonesischen Militär, der Abri. Die bewaffneten Männer unter Armeechef und Verteidigungsminister Wiranto unterstützen auf der Insel diverse paramilitärische Gruppen, die die Unabhängigkeitsbewegung Osttimors einschüchtern und deren Aktivisten ermorden. Viele bekannte Separatisten sind daher geflüchtet oder untergetaucht. Das Ziel der "Kampagne des Terrors", wie die Washington Post die Strategie von Abri und Paramilitärs bezeichnet, ist damit schon fast erreicht: Daß sich kaum einer der rund 800 000 Einwohner noch für die Autonomie oder Unabhängigkeit Osttimors einzusetzen traut.

Aber nun soll alles anders werden - und angeblich besser. Alatas und sein portugiesischer Kollege Jaima Gama vereinbarten eine UN-Beobachtung der Abstimmung. Außerdem ist Indonesien "für den Erhalt von Frieden und Sicherheit in Osttimor verantwortlich", wie es in dem am vergangenen Mittwoch unterzeichneten Papier heißt. UN-Generalsekretär Kofi Annan setzte als "Zeuge" seine Unterschrift darunter, und schon am Sonntag trafen die ersten internationalen Beobachter in der Provinzhauptstadt Dili ein. Von den paramilitärischen pro-indonesischen Gruppen gaben bereits einige ihre Waffen ab.

Präsident Habibie darf sich freuen. Der seit knapp einem Jahr regierende Suharto-Nachfolger, von dem demonstrierende Studenten tagtäglich eine reformasi des autoritären politischen Systems und das Ende der militärischen und politischen Doppelfunktion der Abri (dwifungsi) fordern, kann sich nun als Autonomiegarant präsentieren.

Und als derjenige, der für Ruhe und Ordnung in der Provinz sorgt - im Gegensatz zu seinem politischen Ziehvater Suharto, der Diktator, der Osttimor annektierte und damit den Tod von über 200 000 Menschen zu verantworten hat. Die Familie des über 32 Jahre an der Spitze der Inselrepublik stehenden Ex-Präsidenten und seine cronies zeigen besonderes Interesse am Verbleib der Provinz bei Indonesien. Zement, Marmor, Sandelholz, Zucker, Kaffee und Textilien werden aus Osttimor exportiert - zu einem großen Teil von Firmen des Suharto-Clans oder pensionierter Abri-Generäle. Die Separatisten hatten schon erfreut verkündet, nach der Unabhängigkeit werde ihnen allein der Verkauf des Suharto gehörenden Landes eine beträchtliche Summe einbringen.

In Jakarta ist das Verständnis von "Ruhe und Ordnung" unter Habibie aber so repressiv wie eh und je. In der Washington Post spezifizierte Mahendra Siregar, Pressesekretär der indonesischen Botschaft in den USA, am vergangenen Mittwoch die künftige Stoßrichtung der Ordnungskräfte: Seit Jahresbeginn seien Tausende vor den "Morden und Drohungen der Separatisten geflohen". Drei Tage zuvor hatte die US-Nachrichtenagentur Associated Press gemeldet, wer die wirklichen Opfer des Terrors in Osttimor sind: In einem "Massengrab" wurden elf Leichen gefunden - getötete pro-indonesische Paramilitärs. Auch Timbul Silaen, der Polizeichef auf Osttimor, setzte das Abkommen bereits am Wochenende um: Über 100 bewaffnete Störenfriede hätten seine Mannen interniert - alles Verfechter der Unabhängigkeitsforderung.

Habibie - seit einer Umstrukturierung der Abri formal der höchste Befehlshaber - kann sich auf seine Untergebenen verlassen: Eine Demonstration von mehr als 10 000 Regierungsgegnern auf Sumatra schossen Soldaten mit scharfer Munition auseinander, dabei töteten sie 39 und verletzten rund 150 Demonstranten. Und das alles nur, damit die für den 7. Juni angesetzten Präsidentenwahlen "ruhig" ablaufen können.