Braut geklaut

Die größte feindliche Übernahme in der europäischen Unternehmensgeschichte hat stattgefunden: Olivetti hat die Kontrolle über den fünfmal größeren Konkurrenten Telecom Italia übernommen. Noch wenige Stunden vor dem Ende der Übernahmefrist gab es nur Gerüchte, bis die italienische Börse die Sensation bekanntgab: 51 Prozent der Aktionäre des privatisierten Staatsbetriebs für Telekommunikation verkaufen ihre Anteile an Olivetti.

Dies sei "einer der schwärzesten Tage überhaupt", gaben die italienischen Kommunisten bekannt, weil jetzt Tausende von Jobs akut bedroht seien. Nicht einmal die Werbekampagne mit Michael Schumacher, Ferrari-Pilot und Vorzeigedeutscher, konnte Italiens Großanlegern die Alternative zum Verkauf ihrer Aktien an Olivetti schmackhaft machen. Er hatte für die Fusion der Deutschen Telekom mit der Telecom Italia geworben, dem letzten Versuch des römischen Managements, die ungewollte Umarmung von Olivetti abzuwehren.

Die endgültige Abwicklung des Deals wird das Geschäft mit den Ferngesprächen in ganz Europa verändern: Die deutsche Mannesmann AG kauft Olivetti deren erfolgreiche Mobilfunksparte ab, damit diese die vielen neuen Aktien überhaupt bezahlen kann. Die deutsche Telekom muß sich indes gegen eine Milliardenklage der ehemaligen Geschäftsfreunde von der France Télécom wehren, weil die sauer über die versuchte Rettungsaktion der Deutschen für Telecom Italia sind. Und auch Bill Gates mischt mit: Microsoft will der Telekom das deutsche Kabelfernsehnetz abkaufen, mit dem man bald auch telefonieren kann. Selbst um den Star unter den privatisierten Staatsbetrieben in Europa, die British Telecom, ranken sich auf einmal Übernahmegerüchte. Was genau passieren werde, sei noch nicht abzusehen, aber "nach diesem Ereignis wird nichts mehr bleiben wie vorher", orakelte ein leicht konsternierter italienischer Senator.