Anti-EU-Kongreß in Köln

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"Portugiesen, Italiener winken aus dem Wohncontainer. Schweden, Türken, Finnen, Japaner, Japanerinnen ... und alle steh'n zusammen, egal woher sie stammen, alle steh'n zusammen beim Aldi vor'm Regal; Berlin, Berlin ist international." Was Funny van Dannen über die deutsche Hauptstadt zu singen weiß, das dürfte ihm zur europäischen für zwei Tage - Köln - kaum einfallen. Denn am Rhein wird alles fein getrennt - zumindest bei der Vorbereitung zum Kongreß gegen den EU-Gipfel, der am 3. und 4. Juni in der Domstadt stattfindet.

Und so lagen und liegen sie sich in den Dreadlocks: die Deutschen, die am liebsten Nordiren (aber nur solche mit päpstlichem Segen), Basken, Kurden, Korsen (deren eigene Sprache nichts weiter ist als ein toskanischer Dialekt) wären, weil es da ein bißchen knallt und alles so revolutionär ist; und jene Deutschen, die am liebsten keine mehr wären, weil so viele der ihren Schröder und Fischer, Walser und Mahler bejubeln.

Da aber alle furchtbar radikal sind, haben sie auch eine Demonstration für den 3. Juni organisiert, weil ihnen die Großdemonstration am 29. Mai, mobilisiert von den Euromärschen gegen Erwerbslosigkeit, zu weit weg vom eigentlichen Gipfeltermin liegt, der Protest gegen "das Europa der Herrschenden" aber denselben ans Ohr geschleudert gehört - mindestens verbal.

Aber: Keine Demo ohne Inhalte! Die Suche nach "unseren Inhalten" wiederum soll ein zweitägiger Anti-EU-Kongreß an der Pädagogischen Hochschule in Köln erleichtern. Gar nicht pädagogisch ging es jedoch auf dem entscheidenden Vorbereitungstreffen zum Kongreß zu. Ihr oder wir, lautete die einfache Frage, die die Antiimps den Antinats (Anti-Imperialisten vs. Anti-Nationale) stellten.

Da die Hamburger Rote Hilfe - satzungsgemäß eine strömungsübergreifende linke Organisation - und die Bremer Gruppe mit dem schönen Namen Perspektive aber dazu auserkoren waren, neben der Ökologischen Linken Köln den Gegenkongreß zu organisieren, war der Machtkampf schnell entschieden. Das von der Hamburger Gruppe Demontage und der Berliner Gruppe Venceremos geplante antinationale Forum darf nicht auf dem Kongreß stattfinden.

Während normalerweise unter Linksradikalen allerlei Begründungen für einen solchen Rausschmiß gefunden werden - zu später Antrag, kein vollständiges Konzept, keine Räume mehr etc. -, bemühten sich die HH-Hilfe und die Bremer Perspektive erst gar nicht um solchen formalistischen Firlefanz und lieferten eine knallharte ideologische Ablehnung: Antinationale haben auf dem Kongreß nichts zu suchen. Schließlich sei die Kritik am Konzept der nationalen Befreiungsbewegungen unsolidarisch und den Kurden und Basken nicht zuzumuten, mit solchen Nestbeschmutzern die Räume einer sauberen Universität zu teilen.

Lediglich ein kleines Séparée wollten die Separatistenfreunde den Antinationalen zugestehen - allerdings nur als zweistündige Abendveranstaltung. Schließlich mag niemand auf Ulrich Wickert verzichten - mensch könnte ja einen gelungenen Eta-Anschlag, IRA-Knieschuß oder PKK-Selbstmord verpassen.

Zwei Stunden waren den Antinationalen zu wenig, und so machen sie nun, was in solchen Situationen immer gemacht wird: ein Gegenforum zum Gegenforum, und zwar von früh bis spät am 4. Juni. Klingt ja auch viel weniger elitär als Pädagogische Hochschule: Bürgerzentrum "Mütze" in der rechtsrheinischen Berliner Straße 77.