Mord um Mitternacht

Ein Pariser Gericht hat den Söldner Bob Denard vom Verdacht freigesprochen, den komorischen Präsidenten erschossen zu haben

Der 70jährige Bob Denard ist schon zu Lebzeiten so etwas wie eine "Legende". In den achtziger Jahren hatte sogar Hollywood angeklopft, um das Leben des Herrn Denard zu verfilmen. Doch nun ist dem prominenten französischen Söldner seine bewegte Vergangenheit fast zum Verhängnis geworden. In den letzten Wochen mußte er sich vor einem Pariser Geschworenengericht wegen Mordverdachts verteidigen.

Der Abenteuerer, der ein knappes Dutzend Kinder mit mehreren Frauen gezeugt hat, kämpfte als Söldner vor allem in der sogenannten Dritten Welt, von den Ex-Kolonien Indochina und Marokko über Kongo (Zaire) bis nach Biafra und Benin. Regelmäßig war er dabei für den französischen Auslandsgeheimdienst SDECE und die "afrikanische Zelle des Elysée" im Einsatz.

Eine besondere Vorliebe zog den Mann fürs Grobe immer wieder auf die Inselgruppe der Komoren, die 1975 ihre Unabhängigkeit von Frankreich erklärte. Der erste Präsident im unabhängigem Staat, Abderrahme Ahmed Abdallah, wurde schon nach wenigen Monaten unter Mithilfe Bob Denards und seiner europäischen Söldnertruppe gestürzt. Ein erneuter Putsch, an dem wiederum Denard beteiligt war, brachte 1978 den alten Präsidenten zurück ins Amt.

Profitiert hatte bei den Umstürzen vor allem einer: Denard vergrößerte zielstrebig seinen Einfluß in der Inselrepublik. Unmittelbar nach dem Putsch ließ der Franzose eine "Präsidentengarde" unter europäischer Führung aufbauen. Er agierte zeitweise als Oberkommandierender der komorischen Armee. Um diese Position in dem muslimischen Archipelstaat einnehmen zu können, war er sogar zum Islam konvertiert und hatte den Namen Mustapha Madjou angenommen. Nebenbei konnte der Söldner auf den Komoren auch einigen lohnenswerten Geschäften nachgehen: So verdiente er an einer von Südafrikanern finanzierten "Musterfarm", an einer privaten Sicherheitsgesellschaft, die Hotels bewachte, sowie an konsularischen Vertretungsaufgaben für diverse Länder.

Als in der Nacht vom 26. zum 27. November 1989 unter bis heute ungeklärten Umständen Präsident Ahmed Abdallah ermordet wurde, verdächtigte man sofort die Söldner unter Denard, die durch französische Fallschirmjäger evakuiert wurden. Doch Frankreich und Südafrika sicherten diesen in einem Abkommen zu, daß keine gerichtlichen Schritte gegen sie eingeleitet würden. Im Herbst 1995 scheiterte ein weiterer Putschversuch Denards auf den Inseln.

Wegen einer 1990 eingereichten Klage der Familie des ermordeten Präsidenten kam Denard jetzt in Paris vor Gericht. Die näheren Umstände des Mordes an Abdallah konnten bei den zweiwöchigen Verhandlungen jedoch nicht geklärt werden. Denard lieferte eine Version zu den tödlichen Schüsse, die einige überraschende Wendungen enthielt und erheblich von seiner ursprünglichen Schilderung in einer autorisierten Biographie abweicht.

Im Buch hatte er die komorische Armee, die FAC, beschuldigt, den Präsidenten bei einem Putschversuch ermordet zu haben. Während des Prozesses gab er nun an, es habe sich in Wahrheit um einen simulierten Putschversuch gehandelt. Dieser sollte als Vorwand dienen, um die FAC zu entwaffnen und die Präsidentengarde zum einzigen bewaffneten Organ im Staate zu machen. Der Präsident sei mit diesem Plan einverstanden gewesen. Seine Leibwache, der Obersergeant Jaffar, sei jedoch in Panik geraten und habe den Präsidenten erschossen.

Unklar bei dieser Version bleibt jedoch die Frage, wieso drei schwer bewaffnete europäische Gardisten den Präsidenten in seinem Schlafzimmer aufsuchten, um ihn den Entwaffnungsbefehl der FAC unterschreiben zu lassen - obwohl er doch angeblich mit dem Plan bereits einverstanden war. Wahrscheinlicher erscheint da die Version, die der Sohn des ehemaligen FAC-Befehlshabers vorbrachte: Der Staatschef sollte zur Unterschrift gezwungen werden, woraufhin er seinen Leibwächter kommen ließ. Die Söldner hätten dann kurzerhand sowohl den Präsidenten als auch seinen Leibwächter getötet.

Diese Darstellung des Mordes, die auch die Staatsanwaltschaft für plausibel hielt, konnte jedoch nicht bewiesen werden. Die Beweislage war zu dürftig: Ein dazugerufener Ballistikexperte widersprach sich selbst; weder fand nach dem Mord eine Autopsie der Leiche noch eine Inspektion des Tatortes statt. Die Geschworenen konnten Denard und seine Mitangeklagten, von denen einer während der Verhandlungen flüchtig war, nur freisprechen - unter den "Mörder! Mörder!"-Rufen eines überwiegend komorischen Publikums.