Papiertiger beißt Punk

Immer haben die Berliner Maoisten Ärger mit der Punkmusik. Nachdem schon 1997 ein Mitglied des RIM-Ablegers Revolutionäre Kommunisten mehrere Monate in Untersuchungshaft verbringen mußte, weil er auf einer Demonstration das Lied "Deutschland" der Punkband Slime abgespielt haben soll, sitzt seit dem 1. Mai 1999 seine Gesinnungsgenossin Nuran Ayten wegen des gleichen Delikts im Gefängnis. Sie wurde unmittelbar nach der maoistisch dominierten 1. Mai-Demo 1999 in Kreuzberg festgenommen. Die Anklage allerdings bezog sich auf die Mai-Demo von 1994, die von Kreuzberg zum Brandenburger Tor geführt hatte.

Damals griff die Polizei ein, nachdem der Slime-Song über den Lautsprecherwagen abgespielt worden war. Nuran Ayten sollte als Demoverantwortliche wegen "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole" und wegen "Volksverhetzung" zur Rechenschaft gezogen werden. Wegen krankheitsbedingter Verhandlungsunfähigkeit der Angeklagten mußte der Prozeß 1995 ausgesetzt werden. Trotz ärztlicher Bescheinigungen erließ der Richter aber ohne Wissen der Angeklagten einen Haftbehl, der nun mit vierjähriger Verzögerung vollstreckt wurde. Die Rote Hilfe weist darauf hin, daß Nuran Ayten die gesamte Zeit über bei politischen Aktionen in der Öffentlichkeit präsent war. So habe sie noch kurz vor dem 1. Mai an einer von der Kreuzberger Polizeidirektion organisierten Podiumsdiskussion teilgenommen und sich unter den Augen von circa 50 anwesenden Polizeibeamten zu Wort gemeldet. Trotz dieser für eine Prozeßflüchtige eher untypischen Verhaltensweise weigerte sich der Richter Brüning, den Haftbehl gegen Kaution außer Kraft zu setzen. An drei Verhandlungstagen soll in dieser und der nächsten Woche gegen Nuran Ayten vor dem Berliner Landgericht verhandelt werden.