Dr. Mottes Wadenbeißer

Aus, Schluß, vorbei. Die elfte Love Parade wird vielleicht die letzte sein, zumindest in Berlin. Das versprach Matthias Roeingh, alias DJ Dr. Motte, der als Erfinder der Parade gilt und sich das erfolgreiche Markenzeichen patentieren ließ. Nach einem jahrelangen Gezerre ist es DJ Motte leid, "wie Don Quixote vergeblich gegen die Windmühlen der Berliner Verwaltung anzukämpfen". Er werde sich der Stadt, die ihn behindere, wo es nur gehe, nicht länger aufdrängen und der Love Parade im nächsten Jahrtausend "durch einen Ortswechsel eine neue Basis verschaffen". Die hat sie auch dringend nötig. Die Raver laufen dem öden Spektakel langsam davon - im vergangenen Jahr gingen die Teilnehmerzahlen erstmals seit Beginn der Parade zurück -, und mehr Geld können die Veranstalter mit dem organisierten Frohsinn auch nicht mehr verdienen.

Schuld daran hat die Berliner Verwaltung. Das Tiefbauamt Tiergarten gab der Catering-Firma Nareyka den Zuschlag für den Verkauf von Getränken am Rande der Parade. Mottes Firma planetcom ging leer aus. Seit Jahren liegen Bezirksamt und Veranstalter wegen der Vermarktungsrechte im Dauer-Clinch. Und jetzt scheint Motte endgültig die Nase voll zu haben - was Baustadtrat Horst Porath sehr gelassen sieht: "Ich würde es nicht bedauern. Wer nur unter Gewinnmaximierung arbeitet, dem kann ich keine Träne nachweinen."

Die oberen Etagen des Senats fänden die Veranstaltung hingegen toll, wie planetcom-Pressesprecher Disko gern betont, "aber die untere Senatsebene hängt uns wie ein Köter an der Wade". Vor allem Bürgermeister Eberhard Diepgen gilt als großer Gönner der Love Parade; dieses Jahr will er sich sogar auf einem Wagen der Jungen Union, die sich zum ersten Mal an dem Umzug beteiligt, den Techno-Massen präsentieren.

Grund genug, um Berlin am kommenden Wochenende weiträumig zu umfahren. Aber vielleicht zieht der dumpfe Zug tatsächlich zum letzten Mal durch Berlin, und das Versprechen Mottes wird doch noch wahr: Am 18. September findet in Paris "La Parade" statt, die in "Love Parade" umbenannt werden könnte. Vermutlich ist der Techno-Marsch in Paris besser zu vermarkten, weil das Versammlungsrecht dort dem Verkauf von Cola und CDs keine Grenzen setzt. Und sollte es mit der Stadt an der Seine nicht klappen, gibt es genügend andere Metropolen, die sich für die Love Parade nicht zu schade sind. In Kassel, Fulda oder Bielefeld wird Dr. Motte sicherlich sehnsüchtig erwartet.