Nazi-Anschläge in Skandinavien

Zeitzünder für Staatsagenten

Als der Journalist, bekannt unter dem Pseudonym Peter Karlsson, und sein achtjähriger Sohn in das Auto stiegen, explodierte die Bombe unter dem Wagen. Karlsson und sein Kind wurden durch die Luft geschleudert und durch Bombensplitter erheblich verletzt. Seine Lebensgefährtin, die unter dem Pseudonym Katarina Larsson ebenfalls über Neonaziaktivitäten in Schweden berichtete, erlebte den Anschlag in Stockholm Anfang vergangener Woche aus nächster Nähe mit und erlitt einen schweren Schock. Die Bombe, deren Sprengkraft nach Angaben der Polizei gereicht hätte, um mehrere Menschen zu töten, soll durch einen Zeitzünder oder durch Fernauslösung gezündet worden sein.

Peter Karlsson und Katarina Larsson schrieben für die antifaschistische Zeitschrift Expo und für die bekannte schwedische Tageszeitung Aftonbladet, für die Karlsson u.a. das Geschäft der organisierten Neonaziszene mit "White Power"-Musik aufdeckte. Zuletzt hatte ein Artikel von ihm über Neonazis in der schwedischen Armee für erheblichen Wirbel gesorgt. Da der Journalist mehrfach bedroht worden war, hatte das Paar eine geheime Adresse, und Peter Karlsson trug ein Gerät bei sich, um notfalls rasch Hilfe rufen zu können. In einem Leitartikel kritisierte Aftonbladet am Tag nach dem Anschlag, daß die schwedische Polizei die Bedrohung von Rechts und das Gewaltpotential der Neonazis unterschätze.

Anlässe zum Eingreifen gebe es dafür genügend. Denn Nazi-Gruppen aus dem Umfeld der britischen Terrorgruppe Combat 18 und des schwedisch-dänischen Blood & Honour-Netzwerks planen nach Einschätzung von Expo zur Jahrhundertwende eine Bombenkampagne. Ihr Ziel: Eine "weiße Nation" in Skandinavien, die mit Gewalt und Anschlägen gegen staatliche Institutionen und Amtsträger herbeigebombt werden soll.

Die ersten Hinweise gibt es bereits dafür. Nach einem Banküberfall in Südschweden erschossen zwei Neonazis - darunter ein ehemaliger Kroatiensöldner und ein bekannter Auftragsmörder - zwei Polizisten. Die beiden Neonazis waren Mitglieder der schwedischen Nazi-Organisation Nationalsozialistische Front (NSF).

Knapp einen Monat nach dem Überfall folgte vergangene Woche der Bombenanschlag auf das Journalistenpaar. Und nur 48 Stunden später explodierte im südschwedischen Malmö die nächste Autobombe. Ein unbekannter Anrufer hatte einen vermeintlichen Autodiebstahl im Hafengebiet gemeldet und dabei präzise Ortsangaben gemacht. Als eine Polizeistreife versuchte, die Autotüren zu öffnen, explodierte ein im Auto installierten Sprengsatz. Ein Beamter erlitt schwere Verletzungen.

Auch wenn es viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden Bombenanschlägen gibt, fehlen bisher konkrete Beweise für einen Zusammenhang. In beiden Fällen gibt es keine Bekennerschreiben oder -anrufe. Allerdings haben Combat 18 und andere Gruppen mehrfach angekündigt, daß potentielle Ziele ihrer Angriffe "Staatsagenten" seien. In diese Kategorie fallen sowohl JournalistInnen als auch Polizeibeamte, da beide Gruppen zur Aufrechterhaltung der bestehenden gesellschaftlichen und politischen Ordnung beitragen würden.