Urteil und Spielraum

Der Schliemann-Schatz bleibt, wo er ist: in Rußland. Erstmal jedenfalls. Mit einer höchstrichterlichen Entscheidung ging vergangene Woche der deutsch-russische Streit um die sogenannte Beutekunst zu Ende. Das russische Verfassungsgerichts bekräftigte in letzter Instanz die Auffassung des Parlaments, wonach die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion verbrachten Kulturgüter Eigentum Rußlands seien.

Allerdings erklärten die Richter verschiedene Passagen des "Beutekunst"-Gesetzes, u.a. die Regelung für die Fristen bei Anträgen auf Rückgabe für überarbeitungsbedürftig. "Die Aggressoren-Staaten haben keinen Anspruch auf Rückgabe ihrer Kulturgegenstände, wohl aber Bürger und Organisationen, die Opfer des Holocausts und des Hitler-Regimes wurden", betonten die Richter.

Daß diese Entscheidung in Deutschland niemanden besonders erregt, liegt daran, daß Rußland zugleich signalisierte, daß noch genügend Spielraum für Verhandlungslösungen besteht: "Ein gegenseitiger Austausch gleichwertiger Kulturgüter ist möglich, ebenso wie die Rückgabe einzelner Kulturgüter durch Rußland als freundschaftlicher Akt oder als Zeichen guten Willens."