Von Nostradamus zu Erna Stieglitz

Aussichten: Zappenduster

Düstere Prognosen, nicht nur zum 11. August

Eine Sonnenfinsternis! Eine gescheiterte Raumstation Mir! Und ausgerechnet in einem Jahr mit drei Neunen. Und zu allem Überfluß am Ende eines Jahrtausends (jedenfalls nach christlicher Zeitrechnung)! Das alles zusammengenommen oder auch nur einzeln betrachtet, bringt derzeit ziemlich viele Menschen in geistige Unordnung. War da nicht was?

Genau, der Seher Nostradamus, dessen Prophezeiungen derzeit wieder ganz vorne in den Auslagen der Buchläden liegen, und der, so behaupten seine Anhänger immer wieder, bisher jedes einzelne welterschütternde Ereignis vorausgesagt haben soll - mit Ausnahme des Tods von Lady Di; aber gut, nicht jeder kann immer nur gute Tage haben.

Mitte Juli sollten diese Frage endgültig in der Pro 7-Talkshow "Arabella" gelöst werden. Dort trat zunächst ein selbsternannter Nostradamus-Experte auf, dem, im Gegensatz zu all seinen anderen Kollege, tatsächlich die Entschlüsselung der Weissagungen des Propheten gelungen war. Was keinen Grund zur Freude darstellte, denn der Mann brachte wirklich schlechte Neuigkeiten mit: Noch im August 1999 werde die Welt zwar nicht direkt untergehen, aber doch von mindestens einer schweren Katastrophe heimgesucht werden, die Sonnenfinsternis am 11. des Monats sei in den Versen des Nostradamus als Unheilsbringer erwähnt, zu befürchten seien daher Krieg und Notstand.

"Arabella" ist jedoch eine Sendung mit positiver Grundhaltung, und so erschien gleich nach dem Nostradamus-Experten noch ein weiterer, an dessen Kompetenz kaum zu zweifeln war. Der Mann war nämlich in einem früheren Leben einer der Weggefährten des Sehers gewesen und konnte daher verkünden, daß der mittlerweile zum Bestseller-Autor avancierte Nostradamus das alles gar nicht so gemeint habe und der Weltuntergang mitnichten bevorstehe - und so etwas zu widerlegen ist verdammt schwer.

Dabei ist die einseitige Kaprizierung auf Nostradamus als Endzeit-Vorhersager eigentlich völlig unverständlich. Schließlich gibt es eine ganze Reihe von Endzeit-Propheten, deren Aussagen bisher sträflich vernachlässigt wurden und die allesamt viele Gründe bieten, sich Sorgen zu machen. Der niederbayerische Pfarrer Franz Sales Handwercher etwa, der ab dem Herbst 1830 Adressat diverser "Geistesmitteilungen" wurde, wie er seinem Bischof in einem Brief mitteilte. Exakt 15 Mal und immer am frühen Sonntagmorgen.

Verarbeitet hat er die Prophezeiungen in 15 sehr langen Gedichten, deren Titel eine ungefähre Ahnung davon vermitteln, was die Menschheit zu erwarten hat: Zunächst "Gottesgeißel", "Gericht ohne Erbarmen" und "Großes Sterben", danach die verwirrende Ankündigung: "Der Turm der Kirche ist unzerstörbar", worauf jedoch die totale "Verwüstung der Kirchen" folgt, dann erlebt die Welt das "Schwanken der Kanzeln" und wirklich Ungeheuerliches: "Beichtstühle in die Wüste entführt". Aber es wird alles gut: An den drei letzten Sonntagen erlebte er die "Restauration der Kirche", "Christus herrscht" und "Alles eins im Glauben".

Wann das alles passieren wird, ist jedoch völlig unklar, denn eine Handwercher-Forschung existiert nicht. Auch der Franziskanermönch Ludovico Rocco, gestorben 1840 am Berg Sinai, macht in seinen dort während fünfwöchiger Krankheit aufgezeichneten Voraussagen keine exakten Datumsangaben, geht dafür jedoch ins Detail: "Irland wird mit Schottland in England einbrechen und es verheeren." Watch out, Prince Charles! "Die Königsfamilie wird verjagt und die Hälfte der Bevölkerung ermordet werden."

Für Deutschland prognostizierte er "Eintracht und Wohlstand", allerdings unter einem österreichischen Kaiser. Dem widersprechen jedoch die meisten anderen Seher, Deutschland wird es ihren Erkenntnissen zufolge schwer erwischen. Ein katholischer Pfarrer an der badisch-schweizerischen Grenze hatte 1923 "nach der hl. Messe eine Offenbarung" und sah: "Der Norden Deutschlands wird bolschewistisch werden. Auch Westfalen wird in die Hände der Bolschewisten fallen. Es werden schwere Kämpfe am Niederrhein stattfinden, wobei Köln hart heimgesucht wird." Auch Franz Kugelbeer, ein Bauer vom Bodensee, sieht im Jahr 1922 "die Rheinlande zerstört".

Es gibt nur eine Rettung, sagt Sepp Wudy, ein Knecht aus dem bayrischen Wald, in einer Prophezeiung aus dem Jahr 1910: "Geh nach Bayern, dort hält die Muttergottes ihren Mantel über die Leut", aber: "Auch dort wird alles drunter- und drübergehen."

Denn, so die Kernaussage in den Weissagungen des Alois Irlmayer, eines im Jahr 1959 verstorbenen Brunnenbauers aus Freilassing, "der dritte Weltkrieg kommt sicher". Und mit ihm kommen die Russen und die Sachsen, die u.a. in der BRD einmarschieren. In Köln können sie aber gestoppt werden. Irlmayer hat durchaus praktische Ratschläge für diese Zeit: "Kauft ein paar verlötete Blechdosen, Brot und Mehl hält sich, Feuchtes aber verdirbt."

Überhaupt muß man sich ihm zufolge nicht allzugroße Sorgen machen: "Recht viel Hunger werden die Leute nicht haben während der Katastrophe und der Finsternis." Das sieht Erna Stieglitz jedoch ganz anders. Die 1975 verstorbene Gründerin eines Augsburger Altersheims, deren Nachkommen beim Papst die Seligsprechung der Frau durchsetzen wollen, berichtet von "hungernden Großstädtern", die "zu Räubern an den Bauern werden". Besonders in Bayern werden "durch Terrorismus, Plünderung, Brandstiftung, Mord und Totschlag" von "Fanatikern, Mördern und Psychopathen große Zerstörungen" angerichtet.

Eine Frau namens Katharina aus dem Ötztal, bekannt als "die mit dem zweiten Gesicht", prophezeite in den vierziger Jahren ebenfalls den Dritten Weltkrieg, sie hat jedoch, neben blutrünstigen Schilderungen von Gewalttaten wildgewordener Städter, besonders "in den Gebirgstälern", auch praktische Tips parat, wie man den marodierenden Citoyens entkommt: "Kinder, ihr müßt auf den Berg fliehen. Dort müßt ihr euch vorher etwas zum Essen verstecken und etwas zum Schlafen herrichten. Auf den Berg laufen diese plündernden Horden nicht hinauf!"

Einen Grund für den Kriegsausbruch kennt sie auch: "Es geht ja auch hauptsächlich um den Glauben. Es gibt nurmehr zwei Parteien: Für den Herrgott und gegen den Herrgott!" Selbstverständlich den in der katholischen Version, deswegen lautet ihr Schlußappell auch: "Bleibt mir um Gottes Willen katholisch!" Dann hat man zwar gute Chancen, getötet zu werden ("Ihr müßt stark bleiben, auch wenn es euch das Leben kostet"), aber den Gottlosen geht es dafür danach noch viel schlechter: "Sie werden zum Schluß vom Herrgott furchtbar gestraft."

Das Überleben jedoch wird sich lohnen, denn nach dem Krieg wird alles, wie Erna Stieglitz weiß, wunderschön werden: "Mit Reklame, Verschwendung und Luxus, mit Abtreibung und Ausschweifung (...) ist es dann vorbei. (...) Es regieren wieder: Ehrlichkeit und Einfachheit, Keuschheit und Kindsgeburten, Not und Gottesfurcht."