Lambsdorff: Langsam, langsam, Zwangsarbeiter

Ein tiefer Seufzer der Erleichterung geht durch die oberen Etagen der deutschen Konzernzentralen: Otto Graf Lambsdorff hat's wieder mal gedeichselt. Künftig wird es in den USA keine Sammelklagen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter gegen deutsche Konzerne mehr geben. Ein Regierungsabkommen mit der Bundesrepublik verpflichtet die US-Regierung, Gerichten zu empfehlen, solche Klagen abzuweisen. Jetzt, so freute sich der Bundesverband Information und Beratung NS-Opfer, könne die Industrie nicht mehr die Verhandlungen über eine Entschädigung für ehemalige Zwangsarbeiter mit dem Argument der fehlenden Rechtssicherheit verzögern. Denn in diesem Punkt, um den es in den deutsch-amerikanischen Regierungsgesprächen in erster Linie gehen sollte, wurde bislang keine Einigung erzielt.

Eines machte Lambsdorff, der bei den Verhandlungen die Bundesregierung und die deutsche Industrie vertritt, aber bereits klar: "Der 1. September ist kein Datum mehr." An diesem Tag, dem 60. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, sollte nach ursprünglicher Planung der Entschädigungsfonds von 16 deutschen Industrieunternehmen für die ehemaligen Zwangsarbeiter in Fabriken und KZ eingerichtet werden. Wann dies nun der Fall sein soll, ließ Lambsdorff offen. Er kündigte jedoch an, daß "voraussichtlich im zweiten Quartal 2000" eine Bundesstiftung eingerichtet werden soll, die die Entschädigung für die ehemaligen Zwangsarbeiter in Staatsbetrieben und der Landwirtschaft übernehmen soll. Vielleicht will sich die Industrie ja auch noch ein Jahr Zeit lassen. Schließlich spart jeder Tag, der vergeht, bares Geld.