Der Racak-Bericht der EU

Fragen Sie mich das nicht

Anfang 1999 wurden im kosovarischen Racak die Leichen von 45 Kosovo-Albanern aufgefunden. OSZE-Chef William Walker machte einen Tag nach dem Fund die serbischen Sicherheitskräfte verantwortlich. Die finnische Pathologin Helena Ranta hat im Auftrag der EU die Leichen untersucht.

Waren Sie während Ihren Untersuchungen politischem Druck ausgesetzt?

Wir haben ja schon im Oktober begonnen, Verbrechen zu untersuchen. Schon damals war die Situation nicht einfach. Es gab natürlich Druck von verschiedenen Seiten. Aber wenn Sie mich persönlich kennen würden, wüßten Sie, daß ich alles unternommen habe, um zu versuchen, meine Kollegen von diesem Druck zu befreien. Grundsätzlich habe ich in der Racak-Zeit meine Instruktionen vom deutschen Außenministerium bekommen. Botschafter Christian Pauls hat mich kurz vor der Pressekonferenz instruiert.

Der damalige Missionschef der OSZE, William Walker, hat schon einen Tag nach dem Fund von einem Massaker gesprochen. Er muß gut informiert gewesen sein.

Ich weiß nicht, was er tatsächlich gesehen hat. Er hat Racak besucht, und ich weiß nicht, was man ihm vorher gesagt hat. Aber "Massaker" ist ein Wort, das ich lieber nicht verwenden würde. Ich ziehe den Begriff "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor. Aber auch hier nicht im juristischen, sondern im moralischen Sinne. Es gab seit März 1998 im Kosovo Verbrechen gegen die Menschlichkeit - von beiden Seiten.

Ein Team weißrussischer Pathologen hat gemeint, die Kleider der Toten seien nach deren Ermordung gewechselt worden. Das lege den Schluß nahe, daß es keine Zivilisten gewesen seien.

Ich habe davon gehört. Es kann schon sein, daß die Kollegen über genügend Informationen verfügt haben. Jeder, der unseren Bericht liest, kann sich eigentlich seine eigene Interpretation aussuchen.

Lastet der politische Druck, von dem Sie vorhin gesprochen hatten, noch immer auf Ihnen?

Ich muß sehr vorsichtig sein. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Haben Sie sich als Spielball der Politik gefühlt?

Spielball ist vielleicht ein zu harter Ausdruck. Die ganze Situation war sehr delikat. Vielleicht kann ich eines Tages ganz offen darüber sprechen, wie das mit Racak war. Jetzt geht das aber nicht.

Es gab Spekulationen, daß nicht alle 45 Menschen in Racak getötet worden waren, sondern einige erst nach ihrem Tod nach Racak gebracht worden seien ...

Einige der Körper wurden bewegt. Es besteht eine Wahrscheinlichkeit, daß diese Menschen erst nachträglich nach Racak transportiert wurden. Leider konnte ich Racak nie besuchen. Ich wollte eine vollständige Aufklärung erreichen, aber das wurde mir damals nicht erlaubt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das Haager Tribunal an einer weiteren Untersuchung tatsächlich interessiert ist.

Welchen Eindruck haben Sie von der OSZE-Mission im Kosovo?

Bitte fragen Sie mich das nicht! Grundsätzlich gilt: Es ist sehr wichtig, weitere Fragen zum Kosovo zu stellen. Mein Eindruck ist: Man hätte vieles besser machen können.