Klimmt wird Verkehrsminister

Links blinken, rechts fahren

Mit dem Spott dürfte Gerhard Schröder gerechnet haben. "Wenn die SPD bei den nächsten Landtagswahlen auch so abschneidet wie in Hessen und im Saarland, muß Schröder das Kabinett vergrößern", witzelte BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel. Und der CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Michael Glos, sieht in der Berufung arbeitsloser SPD-Ministerpräsidenten zu Ministern Schröders bisher einzigen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit.

Es war ein Überraschungscoup, als Gerhard Schröder noch vor den SPD-Wahlniederlagen in Thüringen und Nordrhein-Westfalen den amtierenden saarländischen Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt als neuen Bau- und Verkehrsminister präsentierte. Ausgerechnet Klimmt, der in den vergangenen Wochen vor allem durch Kritik an der Bundesregierung aufgefallen war. Das sei eine "mutige" Entscheidung, kommentierte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, die Ernennung Klimmts - mehr als nur eine "Beruhigungspille".

Eine mutige Entscheidung? Mitnichten. Denn diejenigen, die sich in der SPD noch als "Linke" verstehen, werden durch den Coup Schröders weiter geschwächt. "Gerhard Schröder setzt die Personalpolitik von Helmut Kohl fort: Gegner kalt stellen oder einbinden", analysierte denn auch zustimmend der langjährige IG Chemie-Vorsitzende, frühere SPD-Abgeordnete und Schröder-Förderer Hermann Rappe die Personalentscheidung. "Seit dem Weggang von Lafontaine hat die Linke keinen Kopf mehr, und bevor Klimmt einer hätte werden können, sitzt er nun am Kabinettstisch", freute sich der Parteirechte.

Wochenlang hatte Klimmt den Aufmüpfigen markiert. Einige Unentwegte sahen ihn bereits auf dem Weg zu einem neuen Lafontaine, der der nach dem Abtritt des Saar-Napoleons arg gebeutelten "Parteilinken" wieder Statur und Stimme geben könnte. Dabei ging es nur um Wahlkampf, um den schließlich vergeblichen Versuch, die absehbare Niederlage an der Saar abzuwenden. Nun hat sich der "Rebell" einbinden lassen. Querschüsse sind nicht mehr angesagt, daran ließ der Ober-Genosse Schröder keinen Zweifel und sprach von "selbstverständlicher Loyalität und Kabinettsdisziplin", die auch für Klimmt gelte.

So ist aus der Gerechtigkeitslücke, die der Wahlkämpfer Klimmt ausgemacht hatte, eine Glaubwürdigkeitslücke des Wahlverlierers Klimmt geworden. Als er gefragt wurde, ob Schröder mit seiner Ernennung nicht einfach einen Kritiker ruhiggestellt habe, antwortete der Verkehrsminister in spe nur: "In bestimmter Hinsicht schon." Selbstverständlich müsse auch er sich künftig an die Arbeitsbedingungen der Bundesregierung halten. Für Klimmt kein Problem. "Ich bin als Mannschaftsspieler geradezu berüchtigt", versicherte der Hobby-Fußballer. Was das heißt? "Wenn die eben beschließen, daß wir weiter rechts fahren, dann werden wir weiter rechts fahren." Links blinken, rechts fahren - der alte Fahrstil der Sozialdemokratie.

Unzufrieden mit der Berufung Klimmts in die Bundesregierung zeigten sich nur einige sozialdemokratische Hinterbänkler. Die Personalentscheidung Schröders, beschwerte sich etwa der niederrheinische Abgeordnete Uwe Jens, habe eine "verheerende Wirkung" auf die Bundestagsfraktion. Da ergingen an die SPD-Abgeordneten ständig Appelle, die Bundesregierung zu unterstützen, und dann werde ausgerechnet einer zum Minister ernannt, der genau das Gegenteil getan habe.

Nach dem Verlust der Regierungsbeteiligung in Thüringen und dem Einbruch bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag befällt nun die Sozis im bevölkerungsreichsten Bundesland die Panik. Im Mai stehen hier Landtagswahlen an, bei denen die Christdemokraten beste Chancen haben, die SPD-Hochburg zu schleifen. Dann allerdings droht dem Genossen der Bosse tatsächlich die Palastrevolution - nicht von den sogenannten "Parteilinken", sondern von den rechten Traditionssozis an Rhein und Ruhr, die sich nicht so einfach von Kaschmir-Kanzler Schröder um ihre Pfründe bringen lassen werden. Und die NRW-SPD ist eine Macht: Alleine der SPD-Ortsverein Dortmund hat mehr Mitglieder als der ganze Landesverband Baden-Württemberg. Da dürfte Schröder dann auch sein neuer Generalsekretär Franz Müntefering nicht mehr viel helfen können.