Ami go home!

Rechtsaußen Patrick Buchanan präsentiert sich im US-Vorwahlkampf als Anti-Imperialist.

Obskure Gestalten und chancenlose Möchtegern-Kandidaten beherrschen derzeit den US-Vorwahlkampf. Doch spätestens nächstes Jahr, wenn die Endrunde beginnt, wird vermutlich keiner mehr von ihnen sprechen. Dann werden sie den ernsthaften Anwärtern auf die Präsidentschaft das Feld überlassen.

Einer, bei dem noch nicht ganz klar ist, in welche Kategorie man ihn einordnen muss ist, ist der "ewige Kandidat" Patrick Buchanan. Der langjährige Republikaner-Rechtsaußen und Berater der Präsidenten Nixon, Reagan und Bush hat zwar keinerlei Chancen auf die Nominierung durch seine Partei. Es könnte aber sein, dass er sich der so genannten Reformpartei anschließt.

Die Partei wurde von dem texanischen Milliardär Ross Perot gegründet und hat das Ziel, eine dritte politische Kraft in den USA zu etablieren. Perot hat bereits angekündigt, eine Kandidatur Buchanans zu unterstützen.

Der "ewige Kandidat" hält sich allerdings noch bedeckt: Ursprünglich hatte er eine Entscheidung für oder gegen einen Parteiwechsel bis zum vergangenen Freitag angekündigt. Doch vergangene Woche verlängerte er die selbst gesetzte Frist bis zum Ende des Monats, berichtete die Washington Post. Die Entscheidung hängt vermutlich damit zusammen, dass der New Yorker Baulöwe Donald Trump als möglicher Gegenkandidat angetreten ist. Buchanan hätte zwar die Unterstützung Perots, doch die Regie in der Reformpartei führt mittlerweile eine Clique um den Gouverneur von Minnesota, Jesse "Ace" Ventura, einigen vielleicht noch als Wrestling-Star in Erinnerung. Sollte Trump antreten, müsste Buchanan mit erheblichen Schwierigkeiten im Kampf um die Nominierung rechnen.

Buchanan war bisher hauptsächlich durch sein extrem nationalistisches und wertkonservatives Programm aufgefallen. Er scheint aber bereit zu sein, konservative Versatzstücke, wie zum Beispiel seine harte Haltung in der Drogenpolitik und gegenüber Abtreibungen, zu opfern, um für die nationalistisch-libertäre Reformpartei akzeptabel zu werden. Sein spektakulärster Beitrag zum Wahlkampf erzielte er jedoch bisher auf einem anderen Gebiet: In seinem neuen Buch "A Republic, not an Empire", stellte er seine außenpolitische Position vor. Sein Konzept nennt er "aufgeklärten Nationalismus", und es ist, wie eigentlich alles bei Buchanan, radikal.

In seinem Buch schlägt Buchanan vor, dass der Isolationismus der republikanischen Präsidenten aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts wiederbelebt werden soll. Seine Vorstellung von der zukünftigen Rolle der USA in der Welt ist die einer "Klapperschlange, die niemanden bedroht, solange sie selbst nicht bedroht wird" - im Gegensatz zu der eines "Ritters, der auszieht, die sündhafte Welt von ihren Übeln zu befreien".

Entsprechend fordert er, dass sich die USA aus internationalen Organisationen wie der Uno, der Nato und dem IWF in Zukunft heraushalten und begründet diese Position damit, dass zu viele Verpflichtungen im Ausland die innere Einheit der USA bedrohen und den "amerikanischen Geist" untergraben. "Anstatt den amerikanischen Wohlstand zu verschwenden, indem wir wirtschaftlich gescheiterte Staaten unterstützen, oder das Blut der amerikanischen Jugend in Auslandskriegen zu vergießen, sollten wir die politische, ökonomische und militärische Unabhängigkeit wiederherstellen, die der Traum und das Ziel von Washington, Hamilton, Madison, Clay und der republikanischen Partei von Lincoln bis zum Zweiten Weltkrieg war."

Buchanans Forderungen sind nicht neu. Bereits Ende des letzten Jahrhunderts gab es heftige Debatten darüber, ob die USA weitere Staaten in ihr Territorium eingliedern sollte, oder nicht. Konkret wurde die Diskussion 1898 nach dem spanisch-amerikanischen Krieg, als die USA Kuba, die Philippinen, Puerto Rico und Guam von Spanien eroberten.

Der Kongress spaltete sich damals in zwei Fraktionen: "Imperialisten" und "Anti-Imperialisten". Das wichtigste Ziel der Imperialisten war die Öffnung neuer Märkte für amerikanische Produkte. Legitimiert wurde diese Ansicht durch die angebliche zivilisatorische Mission der angelsächsischen "Rasse". Die Vorlage dafür hatte dabei Reverend Josiah Strong geliefert. In seinem Buch "Our Country" behauptete Strong, dass sich im Erfolg der USA der Wille Gottes manifestiere ("manifest destiny") und die Nation deshalb die Führungsrolle in der Welt übernehmen müsste.

Patrick Buchanan schließt sich in "A Republic, not an Empire" den damaligen Anti-Imperialisten an, die allerdings nicht weniger rassistisch und chauvinistisch argumentierten. Die US-amerikanische Staatsform mit ihren für damalige Verhältnisse weitgehenden Freiheitsrechten sei nur auf die Mentalität der angesächsischen "Rasse" zugeschnitten, behauptete etwa Carl Schurz, einer der führenden Köpfe dieser Fraktion. Menschen, die mit Demokratie nicht umgehen können, würden daher die Union untergraben.

Auf der anderen Seite sei es ein Widerspruch, so Schurz, sollte eine demokratische Gesellschaft von Gleichen Kolonien unterhalten. Dies sei dem "amerikanischen Geist" ebenso abträglich. Buchanans Argument vom Übermaß an Verpflichtungen im Ausland ist nahezu übereinstimmend mit Carl Schurz' Ansichten über die Gefährdung der US-amerikanischen Identität durch den Imperialismus.

Doch welche Klientel spricht Buchanan mit einem solchen Programm an? Zum einen wildert er im Revier der traditionalistisch orientierten Republikaner, die von der Abkehr ihrer Partei vom "America first"-Isolationismus enttäuscht sind. Buchanan geht sogar so weit, zu behaupten, das Eingreifen der USA in den Zweiten Weltkrieg sei ein Fehler gewesen, der ganz Westeuropa auf Dauer vom Schutz durch die USA abhängig gemacht und "Osteuropa dem Stalinismus und Asien dem Maoismus ausgeliefert" hätte.

Diese Kalte-Kriegs-Rhetorik, kombiniert mit der Überzeugung, dass die USA "nicht für die Regierungsform anderer Länder verantwortlich" seien, stellt Buchanans Sympathien für Nazideutschland heraus und macht ihn attraktiv für die Teile der Rechten, die immer noch hinter jedem Baum einen Kommunisten vermuten.

Sollte Buchanan wirklich zur Wahl antreten, könnte er für die Republikaner eine ernsthafte Gefahr werden. Denn George W. Bush, der Kandidat der Republikaner, ist im Moment sehr um die Stimmen der Mitte bemüht. Buchanan könnte ihm genügend Wählerstimmen abnehmen, so dass ein Kandidat der demokratischen Partei ernsthafte Chancen hätte. Präzedenzfälle für Ergebnisse dieser Art gibt es. Bush junior müsste sich dann zumindest verstärkt um den rechten Rand bemühen.