Unita ohne Unterstützer

Im angolanischen Bürgerkrieg versucht die Regierung, eine militärische Lösung zu erzwingen.

Die letzte Schlacht steht unmittelbar bevor - wenn man der angolanischen MPLA-Regierung glaubt: Nach ihren Angaben ist die Mitte September begonnene Offensive der Regierungstruppen die bislang erfolgreichste in dem seit mehr als drei Jahrzehnten dauernden Bürgerkrieg. Die Unita habe ihre zentralangolanischen Hochburgen Bailundo und Andulo räumen müssen, die Regierungstruppen würden jetzt versuchen, Unita-Führer Jonas Savimbi zur Strecke zu bringen.

»Wir wissen, wo er ist«, behauptete General Jo‹o de Matos am 16. November, »wir schlagen sie täglich, und wir werden sie weiter schlagen, bis wir ihn gefangen oder getötet haben.« 80 Prozent des Unita-Militär-Arsenals seien bereits zerstört. Die Unita räumte in ihrer bislang letzten Erklärung vom 28. Oktober den Verlust Bailundos und Andulos ein, betonte aber: »Unsere Streitkräfte sind intakt. Wir haben weder Männer noch Material verloren.«

Das ist wohl gelogen, aber auch die Erfolgsmeldungen der angolanischen Regierung sind mit Vorsicht zu genießen. Die Presse des südwestafrikanischen Landes wird zensiert, spektakuläre Geländegewinne sind in afrikanischen Bürgerkriegen, die von relativ schwachen Streitkräften geführt werden, nicht selten. Wesentlich schwieriger ist es, eroberte Territorien zu halten.

Anders als bei früheren Auseinandersetzungen sind Regierungstruppen jedoch auch in den Nachbarländern oder an deren Grenzen stationiert, was Rückzug und Reorganisierung der Unita zumindest erschwert. Die meisten Staaten der Region, der UN-Sicherheitsrat und die aus den USA, Russland und der ehemaligen Kolonialmacht Portugal bestehende Troika, die von 1991 bis 1998 zwischen MPLA und Unita vermittelte, unterstützen die Offensive.

Somit ist die Unita erstmals international fast vollständig isoliert. Die bedeutenden angolanischen Öl-Vorräte sind gute Argumente für die Unterstützung der MPLA-Regierung, zudem ist die »internationale Gemeinschaft« der Intrigen Savimbis, der bereits zwei Friedensabkommen gebrochen hat, überdrüssig geworden.

Auch in der Unita-Führung regt sich Widerstand gegen den kompromisslosen Kurs Savimbis, der weiterhin die Alleinherrschaft über Angola anstrebt. Seit Ende 1998 sind immer wieder hohe Offiziere und Politiker übergelaufen oder ins Exil gegangen. Die MPLA hofft, dass Savimbi nach den jüngsten Niederlagen die Kontrolle verliert. Bisher allerdings hat Savimbi, der die Unita seit ihrer Gründung 1966 führt, es verstanden, niemanden neben sich emporkommen zu lassen.

Der angolanische Bürgerkrieg war anfangs durch den Kalten Krieg geprägt, der in Afrika zuweilen recht heiß werden konnte. Die MPLA, die nach der Unabhängigkeit 1975 die Regierung übernommen hatte, erhielt sowjetische Hilfe und holte kubanische Truppen ins Land. Die Unita wurde von allen antikommunistischen Kreuzzüglern, vom CIA über das südafrikanische Apartheid-Regime bis zur CSU-nahen Hans-Seidel-Stiftung, unterstützt. Ihr Erfolg, zu dem auch zahlreiche Söldner beitrugen, war jedoch vor allem eine Folge der durch die Kolonialherrschaft entstandenen regionalen und sozialen Spaltung Angolas.

Die MPLA organisierte die städtischen assimilados, die Portugiesisch sprachen und die

kolonialen Bildungseinrichtungen durchlaufen hatten, sowie die Plantagenarbeiter. In der vergleichsweise »modernen« Umgebung der Küstenstädte gediehen sozialistische und linksnationalistische Ideen. Die Unita hingegen agierte im Binnenland und rekrutierte vor allem Kleinbauern der Ovimbundu, der größten Bevölkerungsgruppe des Landes. Statt eines sozialen Programms formulierte sie Ressentiments gegen die »Herrschaft der Assimilados«.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Rückzug der kubanischen Truppen verlor auch die Unita ihre Unterstützer. Mit der Apartheid endete die südafrikanische Aggressionspolitik gegen Angola, die USA ließen den nutzlos gewordenen Savimbi fallen. 1991 schlossen Unita und MPLA ein Friedensabkommen. Bei den Präsidentschaftswahlen 1992 erhielt Savimbi 40 Prozent der Stimmen, der MPLA-Kandidat Eduardo Dos Santos gewann jedoch mit 49,5 Prozent.

Die Unita akzeptierte ihre Niederlage nicht und griff wieder zu den Waffen. Beide Seiten verfügten über ausreichende Ressourcen, um den Krieg weiterführen zu können. Die Regierung kontrolliert die Öl-Quellen, die etwa vier Milliarden Dollar jährlich einbringen. Die meisten Diamanten-Felder hingegen befinden sich im Unita-Gebiet, die britische Menschenrechtsorganisation Global Witness schätzt den Erlös der Unita-Diamanten-Verkäufe zwischen 1992 und 1998 auf 3,7 Milliarden Dollar.

Politische Differenzen verloren mit der Zeit an Bedeutung, die regionale Spaltung blieb: Die MPLA hatte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schnell von ihrem sozialistischen Programm verabschiedet. Die Kriegswirtschaft mündete in ein System oligarchischer Herrschaft, in dem hohe Bürokraten und Offiziere gute Geschäfte machen. Voraussetzung dafür sind gute Beziehungen zur MPLA. Es gibt zahlreiche kleine Oppositionsparteien, aber Klientelwirtschaft, staatliche Repression und die sozialen Folgen des Krieges haben bisher verhindert, dass sich eine bedeutende zivile Opposition entfalten konnte.

Gegenüber der Unita hat die MPLA nicht immer eine deeskalierende Politik betrieben, zeigte sich aber bereit, sie in das politische System zu integrieren. 1994 wurde eine neues Friedensabkommen geschlossen, das eine Koalitionsregierung von MPLA und Unita vorsah. Diese »Regierung der nationalen Einheit« wurde im April 1997 gebildet, Savimbi allerdings trat aus »Sicherheitsgründen« das Amt des Vizepräsidenten nicht an.

Schnell wurde offensichtlich, dass die Unita sich auf eine neue Runde des Bürgerkrieges vorbereitete. Savimbi hatte mindestens 30 000 Soldaten der im Friedensabkommen vorgesehenen Entwaffnung entzogen. Durch den Erwerb von Panzern und Artillerie in der Ukraine und Bulgarien gelang es sogar, das eigene Arsenal zu modernisieren. Im Sommer 1998 begann die Unita, Polizeiposten zu überfallen und Gebiete zu besetzen, die sie nach dem Abkommen der Regierungskontrolle unterstellt hatte. Daher muss es Ziel der MPLA sein, die Unita militärisch zu zerschlagen.

Allerdings besteht die Gefahr einer Internationalisierung des Konflikts: Schon jetzt ist er untrennbar mit dem Kampf um den Kongo verbunden, bedroht sind aber auch Namibia und Sambia. Angolanische Oppositionelle befürchten, dass ein militärischer Sieg die autoritären Strukturen der MPLA-Herrschaft festigen würde. Initiativen wie das Friedensmanifest vom Sommer dieses Jahres und die jüngst gegründete Gruppe Angola 2000 befürworten weitere Verhandlungen mit Savimbi.

Um die Menschen, die unter Unita-Herrschaft gelebt haben, zu integrieren, müsste die Regierung, so Alex Vines, der Angola-Beauftragte von Human Rights Watch, »zeigen, dass sie sich sehr stark von der Unita unterscheidet«.