OSZE-Bericht zum Kosovo

Hysterische Historiker

Da hat sich die Chaostruppe vom Amselfeld aber ganz schön viel Mühe gemacht: Nach monatelanger Recherche-Arbeit veröffentlichte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der vergangenen Woche einen 900 Seiten langen Report über die Menschenrechtsverletzungen im Kosovo.

Im ersten Teil lassen die politischen Versager der OSZE noch einmal die gar nicht glorreichen Monate ihrer Mission vom Oktober 1998 bis zum 20. März 1999 Revue passieren. Minutiös nach politischen Bezirken im Kosovo geordnet, werden sämtliche Menschenrechtsverletzungen in diesem Zeitraum abgehandelt. Doch die Autorenschaft ist eine denkbar ungeeignete: Durch das dilettantische Krisenmanagement der OSZE-Mission und die Positionierung als Vorhut der Nato-Truppen trägt die OSZE zumindest politisch Mitschuld an der weiteren Entwicklung im Kosovo.

So beschränkt sich das politische Redaktionskollektiv im Fall Racak auf jene etwas unschlüssigen Untersuchungsergebnisse, die der Chef der damaligen Mission, William Walker, schon Tage nach dem angeblichen Massaker am 15. Januar zum Besten gegeben hatte. Selbst in den Quellenangaben wird auf Walkers Erklärungen vom 17. Januar verwiesen - und die hatten vor allem eines zum Inhalt: Dass in Racak von serbischen Sicherheitskräften ein Massaker an albanischen Zivilisten verübt worden sei.

Verschwiegen wird in dem Papier, dass die Sache mit dem Massaker so sicher nicht ist. Schließlich recherchierte erst vor kurzem ein Pathologenteam unter der Leitung der finnischen Ärztin Helena Ranta am Tatort, um einige Zweifel an der offiziellen OSZE-Mission zu klären.

Damit der Leser auch gleich weiß, woran er ist, wird im Vorwort die nötige politische Einordnung der Ereignisse im Kosovo vorgenommen: »Im ersten Teil beschreiben wir die Absicht der jugoslawischen und serbischen Truppen, Massenmorde als Instrument der ethnischen Säuberung und der Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo zu verwenden.«

Etwas karger ist dagegen der zweite Teil der historischen Analyse des Kosovo-Konfliktes geraten: Da konzentrieren sich die Verfasser auf die Zeit zwischen Juni 1999 - dem Ende der Nato-Luftangriffe - und Oktober 1999. Ein bisschen lustlos befasst sich die OSZE in diesem Teil mit den Menschenrechtsverletzungen, die vor allem an Serben und anderen Minderheiten im Kosovo begangen wurden. Die rund 150 Morde an Serben, die seit dem Einmarsch der Kfor-Truppen verübt wurden, sind aber nach OSZE-Recherchen eher ein Ausdruck durchaus begründeten kosovo-albanischen Volkszornes. »Die Serben im Kosovo waren Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch einige Mitglieder der UCK. Aber viele Serben haben auch aktiv an den Menschenrechtsverletzungen an Kosovo-Albanern (vor dem Einmarsch der Kfor-Truppen; Anm. d. Red.) teilgenommen«, heißt es beschwichtigend in dem Report.

Auch Knut Vollebaek, derzeitiger Vorsitzender der OSZE und Außenminister Norwegens, weiß den Exodus der Serben nach der Befriedung des Kosovo durch den Westen richtig zu dimensionieren: »Im ersten Teil geht es um die Gräueltaten der jugoslawischen Regierung unter Präsident Slobodan Milosevic, in dem anderen um Racheakte der albanischen Bevölkerung.« Dann ist ja alles in Ordnung.