Memo des US-State Department zum Fall Abu-Jamal

Lob der Fairness

Die geplante Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal schafft der US-Regierung offensichtlich Image-Probleme. Wie jetzt bekannt wurde, versandte das US-Außenministerium bereits am 10. November ein Memorandum zum Fall Abu-Jamal an mehrere US-Botschaften in Europa, darunter die in Wien und Paris. In dem der Jungle World vorliegenden Papier, das von der Vertreterin des State Departments, Katherina Gellner-Sweet, unterzeichnet ist, versucht das Außenministerium, seinen Botschaften Argumentationshilfen gegen die wachsende internationale Protestwelle wegen des Falles Abu-Jamal und der extensiven Anwendung der Todesstrafe in den USA zu geben.

In einer lesenswerten Mischung aus Dichtung und Unterstellungen setzt sich das State Department damit an die Spitze der von der rechten Polizeigewerkschaft Fraternal Order of Police begonnenen Kampagne gegen den afro-amerikanischen Journalisten.

Gezielt wird hier Desinformationspolitik betrieben: So behauptet das Memorandum u.a., Abu-Jamal, dessen Antrag auf ein neues Verfahren gerade von Bundesbezirksrichter William Yohn geprüft wird, habe schon alle Berufungsmöglichkeiten auf der Bundesebene ausgeschöpft. Sämtliche Instanzen hätten festgestellt, dass Abu-Jamals Forderungen nach einem neuen Verfahren unberechtigt seien.

Darüber hinaus erfindet das Memorandum Vorwürfe gegen Abu-Jamal, die sich nicht einmal in der Anklage und dem Urteil aus dem Jahr 1982 wiederfinden. Glaubt man dem State Department, soll Jamal, der wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilt wurde, am Tatort auch noch auf herannahende Polizeibeamte geschossen haben. Weiterhin behauptet das State Department, die Kugel, die den Polizeibeamten Daniel Faulkner tötete, stamme aus der Waffe Abu-Jamals. Dabei kam selbst der Ballistikexperte der Polizei von Philadelphia in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die tödliche Kugel nicht aus Abu-Jamals Waffe stammt. Die Kugeln, die Daniel Faulkner trafen, waren Kaliber 44; Abu-Jamals Waffe hatte Kaliber 38.

Das Memorandum endet mit einem Lob der Fairness und Unabhängigkeit der US-Justiz im Allgemeinen und im Fall Abu-Jamal im Besonderen. Das ist zweifelsohne die Aufgabe des State Departments.

Wer sich umfassend informieren möchte, dem sei als Lektüre u.a. der Jahresbericht von amnesty international über Justizsystem und Todesstrafe in den USA empfohlen. Amnesty international verlangt seit mehreren Jahren »auf Grund gravierender Unregelmäßigkeiten im Prozess« ein neues Verfahren für Abu-Jamal. Abu-Jamals UnterstützerInnen bewerten das Memorandum als »Zeichen der Defensive der US-Regierung in diesem Fall und beim Thema Todesstrafe im Allgemeinen»; das sagte ein Sprecher des Solidaritätsbüros Mumia Abu-Jamal in Berlin. »Wenn es das US-Außenministerium nötig hat, die Hinrichtung eines einzigen Todeskandidaten öffentlich zu rechtfertigen, ist dies offenbar ein Resultat der internationalen Bemühungen, Abu-Jamals Hinrichtung zu verhindern und eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen.«