Zeuge gekippt

Gewusst haben es alle, nun aber ist es amtlich: Siegfried Nonne, Kronzeuge im Verfahren um den RAF-Anschlag auf Alfred Herrhausen, dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, ist unglaubwürdig. Zu diesem Schluss kam am Donnerstag vergangener Woche auch der Bundesgerichtshof (BGH). Die Konsequenz: Das vor Weihnachten aus Österreich ausgelieferte angebliche ehemalige RAF-Mitglied Andrea Klump wird nicht wegen Mordes vor Gericht gestellt. Und Christoph Seidler, der sich im Dezember 1993 freiwillig den deutschen Behörden stellte, kann wohl mit der Einstellung seines Verfahrens rechnen. Der psychisch kranke Nonne, der gelegentlich für den Verfassungsschutz spitzelte, wollte die beiden vor dem Anschlag im November 1989 in seiner Wohnung beherbergt haben. Mit einer endgültigen Entscheidung in Sachen Seidler ist nach Worten der Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Eva Schübel, in den nächsten Wochen zu rechnen. Wie diese ausfallen wird, ist trotz des BGH-Beschlusses noch nicht klar. Denn im Gegensatz zu den obersten Richtern halten die Karlsruher Bundesanwälte immer noch an ihrem Kronzeugen fest: »Wegen seiner Persönlichkeitsstörungen«, erklärte Schübel der Jungle World, dürften Nonnes Aussagen jedoch nicht für eine Verurteilung ausreichen.