Deals und Dienstleistungen

In den angolanischen Bürgerkrieg greift nun auch Namibia ein. Durch Diamanten, Öl und Söldner war dieser Konflikt aber schon immer international.

Eine halbe Million Tote, zwei Millionen Flüchtlinge, der Boden voller Landminen und der völlige Zusammenbruch eines für afrikanische Verhältnisse einst gut funktionierenden Gesundheitssystems: Das ist die Bilanz des Bürgerkriegs in Angola, der seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975 fast ununterbrochen zwischen den ehemaligen Guerilla-Organisationen MPLA und Unita tobt. Mit dem Eingreifen des südlichen Nachbarstaates Namibia in Angola geht das Gemetzel jetzt in eine neue Runde.

Anfang Dezember erlaubte die namibische Regierung angolanischen Regierungstruppen die Nutzung ihres Territoriums für Aktionen gegen die Unita-Rebellen. Im Gegenzug beschossen namibische Spezialeinheiten vor Weihnachten Unita-Stellungen in Angola. Die angolanischen Rebellen weiteten daraufhin ihre Angriffe auf Namibia aus. Sie nehmen vor allem den Caprivi-Zipfel ins Visier, der im Nordosten Namibias, zwischen Angola und Botswana, liegt.

Seit langem ist Namibias Präsident Sam Nujoma ein Freund der angolanischen Regierungspartei MPLA unter ihrem Präsidenten José Eduardo dos Santos. Die heutige namibische Regierungspartei Swapo kämpfte jahrelang von Angola aus gegen die Besatzer des südafrikanischen Apartheid-Regimes. Und Angola und Namibia haben zusammen Truppen in den Kongo geschickt, um ihren Verbündeten Laurent Kabila zu unterstützen.

Mit einer Beteiligung am angolanischen Bürgerkrieg hatte sich Namibia aber bisher zurückgehalten. Von den angolanischen Truppen im Caprivi-Gebiet verspricht sich Namibia auch einen Erfolg gegen dortige Sezessionisten. Es wird vermutet, dass diese, ebenso wie die Unabhängigkeitskämpfer in der angolanischen Exklave Cabinda, von der Unita ausgebildet und bewaffnet werden.

Mit der Unterstützung von Angolas Regierungsarmee durch Namibia im Caprivi-Zipfel verliert die Unita ein weiteres Rückzugsgebiet im benachbarten Ausland. Jahrelang konnten sich die Rebellen auf Zaire (heute Kongo) und dessen Diktator Mobutu Sese Seko verlassen. Nachdem Kabila im Frühjahr 1997 mit angolanischer und US-Unterstützung im Kongo die Macht übernommen hatte, gerieten die Unita-Truppen in Bedrängnis.

Seit September läuft nun auch eine Großoffensive der angolanischen Regierung gegen die Unita, die mehr und mehr aus ihren Hochburgen in Zentralangola vertrieben wird. Die Regierung geht davon aus, dass binnen weniger Wochen die Unita vollständig besiegt und ihr Chef Jonas Savimbi gefasst sein werde. Das sieht Unita-Sprecher Alcides Sakala anders: »Wir sind noch immer in der Lage, uns zu verteidigen, so lange dos Santos den totalen Krieg wünscht.«

In der Tat ist der Bürgerkrieg in Angola bislang immer wieder von Siegen und Niederlagen der beiden Kriegsparteien gekennzeichnet gewesen, ohne dass es zu einer endgültigen Entscheidung gekommen wäre. Solange es genug Geld gibt, um Waffen und Munition zu kaufen, wird die Unita weiterkämpfen. Und Geld gibt es genug: Denn in den von der Unita gehaltenen Gebieten im Nordosten des Landes lagern reiche Diamantenvorkommen.

Mit Diamanten verdient die Unita ungefähr 500 Millionen Dollar im Jahr. Savimbi, der in der Schweiz als Politikwissenschaftler promovierte, ist so zu einem der reichsten Männer der Welt geworden. Seit 1992 soll er 3,7 Milliarden Dollar im Diamantenhandel verdient haben. Davon wurden Waffen gekauft: T-72-Panzer, Hubschrauber, Artillerie und seit 1999 auch Kampfflugzeuge. Lieferanten sind vor allem die Ukraine, verschiedene afrikanische Länder, Israel, aber auch Albanien und Nordkorea.

Bereits seit 1993 besteht ein Waffen- und Treibstoffembargo der UN gegen die Unita, das aber kaum durchgesetzt wurde. Viele Staaten in Zentralafrika und Osteuropa sind an den Diamanten interessiert, die leicht wieder zu Geld gemacht werden können. Auch Angestellte der angolanischen staatlichen Ölgesellschaft Sonangol sollen wiederholt Treibstoffe an die Gegner im eigenen Land verkauft haben.

Seit einigen Jahren ist auch Israel ins Diamantengeschäft mit der Unita eingestiegen. Die angolanische Regierungspartei MPLA hatte lange die PLO unterstützt. Vom israelischen Sicherheitsapparat wurden im Gegenzug Beziehungen zu den Rebellen aufgebaut. Aus diesem Umfeld stammen viele der israelischen Firmen, die in Afrika private Sicherheitsdienste anbieten und dabei auch Waffen an Warlords wie Savimbi liefern. Tel Aviv entwickelt sich derzeit zu einem wichtigen Umschlagplatz für Diamanten. Hierhin weichen viele halblegale Händler aus, seit die Herkunft der Edelsteine in der Diamantenmetropole Antwerpen schärfer kontrolliert wird.

Das Geschäft »Waffen gegen Diamanten« wird dabei immer stärker auch um passende Dienstleistungen ergänzt. So sind israelische Söldner im Dienste der Unita für den Betrieb der Waffensysteme tätig. Auch ehemalige Piloten der ukrainischen Luftwaffe haben in Afrika einen Arbeitsmarkt entdeckt und fliegen regelmäßig Hubschrauber und Kampfflugzeuge für Warlords - auch in Angola.

Obwohl die Finanzierung des Krieges durch Diamanten-Verkäufe seit langem bekannt war, verhängten die UN erst im Juli 1998 ein Embargo gegen den Edelsteinhandel mit der Unita. Der größte Teil der angolanischen Diamanten wurde bislang von dem südafrikanischen Marktführer De Beers über seine Central Selling Organization aufgekauft, die auch in den Gebieten der Unita Büros unterhielt. De Beers hat vor kurzem auf öffentlichen Druck hin bekannt gegeben, dass man keine Steine mehr aus Angola kaufen werde. Dieses Versprechen wird allerdings sehr schwer zu kontrollieren sein.

Oftmals sind mit den Waffenverkäufen oder Kriegsdienstleistungen auch direkte Diamantendeals verbunden. Die inzwischen aufgelöste südafrikanische Söldnerfirma Executive Outcomes eroberte 1994 im Auftrag der angolanischen Regierung das Diamantengebiet in Cafunfo in der Provinz Luanda Norte von der Unita zurück. Neben den 40 Millionen Dollar, die der Auftrag den Söldnern einbrachte, erhielt ihre Schwesterfirma Diamond Works eine Konzession zum Diamantenabbau in diesem Gebiet. Diamond Works ist seitdem zum zweitgrößten Diamantenförderer in Angola aufgestiegen. An Alpha Five, einer Tochtergesellschaft von Executive Outcomes, die ebenfalls im Dienste Angolas steht, hält der Stabschef der angolanischen Streitkräfte Anteile.

Auch die US-Regierung hat seit ihrer Abwendung von der Unita mehrfach der angolanischen Regierung geholfen. Statt eigener Soldaten stellte man militärische Aufklärungsdaten zur Verfügung, mit deren Hilfe die Regierungstruppen die Unita einkreisen oder umgehen konnten. Im Gegenzug erhielt die vergleichsweise kleine American Mineral Fields (AMF) eine große Diamantenkonzession in Luanda Norte.

Die Firma stammt aus Hope/Arkansas, dem Herkunftsort von William Clinton, und ihr Chef John-Raymond Boulle ist ein alter Bekannter des US-Präsidenten. Dieser setzte bei den Friedensverhandlungen 1994 durch, dass statt Executive Outcomes die US-Söldnerfirma Military Professional Resources Inc. (MPRI) den Auftrag erhielt, angolanische Ölförderanlagen an der Küste zu schützen. MPRI, eine Art Versorgungseinrichtung für ausgediente US-Offiziere, war auch auf kroatischer Seite an der Erstürmung der Krajina in Kroatien beteiligt und betreibt heute ein modernes Ausbildungszentrum für die bosnischen Streitkräfte in Sarajevo.

Die angolanische Regierung hat ihren Krieg außer mit Diamantenlizenzen bislang mit den reichen Ölvorkommen vor der Küste finanziert. Durch den Krieg stiegen die Auslandsschulden Angolas bis Ende 1997 bereits auf 11,6 Milliarden Dollar, davon allein sechs Milliarden Dollar, die aus russischen Waffenlieferungen stammen und mit Öl gegenfinanziert wurden. Neue Waffenkäufe in Russland im Juni 1998, darunter eine Waffenfabrik, wurden vor allem mit angolanisch-russischen Joint-Ventures im Diamantenabbau bezahlt.

Der Deal von rund einer Milliarde Dollar umfasste hauptsächlich Kampfflugzeuge, Jagdbomber sowie Kampfpanzer. Der Verfall der Ölpreise 1998 führte dann zum Kollaps der Staatsfinanzen. Im Mai 1999 gab die Regierung bekannt, dass sie keinen Zugang mehr zu internationalem Kapital habe und die Devisenreserven fast vollständig aufgebraucht seien.

Westliche Ölfirmen wie BP, Exxon und Elf unterstützen nun durch neue Ölgeschäfte unmittelbar den Krieg der angolanischen Regierungsarmee. Die insgesamt 920 Millionen Dollar, die von den drei Konzernen im Juni 1999 für die Vergabe neuer Offshore-Blöcke gezahlt wurden, waren bereits für den Krieg vorgemerkt. Mit diesem Geld wird die derzeitige Großoffensive finanziert, bei der viele neue Waffen zum Einsatz kommen.

Auch hier sind direkte Verbindungen der Ölkonzerne zu Waffenhändlern bekannt geworden. Die schweizerische Firma Prodev, die zu 15 Prozent an einem der Offshore-Blöcke beteiligt ist, gehört mehrheitlich einem Geschäftsmann, der größere Waffengeschäfte zwischen British Aerospace und Regierungen im mittleren Osten vermittelt hat und seine Expertise auch der angolanischen Regierung angeboten hat. Die israelische Firma Naphta mit fünf Prozent Beteiligung an einem anderen Block hat Verbindungen zu einer privaten Sicherheitsfirma in Israel.

Da IWF und Weltbank sich weigern, Angola neue Kredite zu geben, wurden bereits zukünftige Ölförderungen für neue Waffenkäufe verpfändet. Die angolanische Regierung will offenbar mit der neuen Großoffensive die Unita aus ihren Diamantengebieten verdrängen, um so die Finanzierung des Krieges von Öl auf Diamanten umstellen zu können.

Ein vollständiger militärischer Sieg mit einer anschließenden Befriedung des Landes aber ist dabei so gut wie ausgeschlossen. Die Unita kann sich immer noch auf einen Guerilla-Krieg zurückziehen und sich durch Plünderungen, Schutzgelder und die verbliebenen Diamantengebiete finanzieren. Und auch die angolanische Regierung und ihre Generäle leben gut vom Krieg, denn die Weiterexistenz des Gegners sichert ihre Machtposition innerhalb des eigenen Territoriums.