Alternative Lebensformen

Gähnen nach Zahlen

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Was Ihnen schon immer glatt am Arsch vorbeiging - andere sammeln es akribisch: Statistiker, Beamte und andere Durchgeknallte. Damit nicht genug, mit ihrem Rumgesammel füllen sie dann Bücher, Buchbände, ja gar Bibliotheken. Knallgelb, 616 Seiten stark und fast ein Kilo schwer präsentiert sich das Statistische Jahrbuch 1999. Mit allen Nebensächlichkeiten, die eine ganz stinknormale Großstadt zu bieten hat.

Ein Imbiss-Update beispielsweise. Bei Salmonellose liegt Neukölln auf Rang eins: 268 Fälle. Dicht gefolgt von Reinickendorf auf Platz zwei. Mit auch noch ansehnlichen 240 Fällen. Und Typhus abdominalis? In Neukölln und Kreuzberg fühlt er sich am wohlsten - je zwei Fälle. Den Ostbezirken Friedrichshain, Marzahn und Hellersdorf bleibt mit je einem Fall nur Platz zwei, alle anderen Bezirke chancen- und typhuslos.

Allen möglichen anderen natürlichen wie unnatürlichen Ursachen erlagen 1998 insgesamt 35 224 Berliner. Die dann fälligen Begräbnisse waren zu 74 Prozent Urnenbeisetzungen. Wie viel Kilogramm Asche das ergab, hat leider niemand ausgerechnet - Zeit also für eine neue Planstelle!

164 Fälle von Wilderei haben eifrige Beamte registriert. Ganz legal haben die Berliner 32 Ziegen und 196 Schafe auf den Weg zur Schlachtbank geschickt. Die Erdbeerproduktion beansprucht 2,1 Hektar des Stadtgebietes, für Möhren gehen weitere 1,1 Hektar drauf und die Grüne Pflückbohne macht sich auf 2,0 Hektar breit. 4,3 Prozent des Ostberliner Stadtgebietes werden von Kleingartenkolonien und den dazugehörigen Gartenzwergen belegt, im Westteil sind es nur 3,6 Prozent.

Der Teufelsberg hat eine konstante Höhe von 115 Metern. Die Länge der Stadtgrenze beträgt 5,57 Läufe von Marathon nach Athen. Das Stadtgebiet umfasst 892 Quadratkilometer - so viel wie 121 360 Fußballfelder. Diese Fläche wird von 102 811 steuerpflichtigen Hunden Tag für Tag zugeschissen. Und von ungezählten steuerflüchtigen Hunden noch dazu.

Immerhin 110 Menschen bekennen sich zur Glaubensgemeinschaft der Sufi-Bewegung - was immer das auch ist -, 170 zur Heilsarmee. Die Aufschlüsselung nach Ost und West fehlt aber. Nicht so bei den Pinguinen: 50 im Westen, im Osten nur 38. Und 5 087 Eichen stehen einfach so an Reinickendorfs Straßen herum.

Der Geschäftsbereich »Inneres« der Berliner Verwaltung beschäftigt 38 442 Personen, der Rechnungshof 251 und der Datenschutzbeauftragte 38. Die Polizei stellte 87 739 Bußgeldbescheide weniger aus als im Jahr 1997.

Deswegen braucht die Stadt wohl so dringend Geld und versucht, ihr Statistik-Büchlein zu verkaufen.