Keine Fragen mehr

Legitimation ist alles, vor allem wenn's der Sache dient: Während des Kosovo-Krieges präsentierte die Nato manipulierte Videoaufnahmen vom Bombenangriff auf einen Personenzug, wie die Frankfurter Rundschau letzten Donnerstag berichtete. Der Zug wurde beim Überqueren einer Brücke bei Grdelicka im Abstand weniger Minuten zweimal von Raketen-getriebenen Bomben getroffen, dabei starben mindestens 14 Menschen. Angeblich war der Zug so plötzlich aufgetaucht, dass dem »Piloten«, wie der US-General und Nato-Oberkommandierende Wesley Clark im April erklärte, »weniger als eine Sekunde« Zeit für eine Reaktion geblieben wäre.
Mit Hilfe der Videos wurde der Beschuss als unvermeidlicher Unfall dargestellt. Die aus den beiden abgefeuerten AGM-130-Bomben aufgenommenen Videos wurden allerdings mit mindestens dreifacher Geschwindigkeit abgespielt - ein Hardware-Fehler heißt es bei der Nato. »Es war nicht die Absicht der Nato, jemanden zu täuschen«, meint nun deren Sprecher Mike Phillips.
Dem Video zufolge muss der Zug mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 km/h - schneller als ein ICE - auf die Brücke gefahren sein. In Echtzeit war der Zug etwa 100 km/h schnell und zum Umsteuern der Bomben blieben 6,9 statt einer Sekunde. Der Fehler war bei der Nato schon seit Oktober bekannt. Mitnichten ein Anlass zur Veröffentlichung. »Warum sollten wir unnötige Fragen aufwerfen?« sagte Phillips.