Gedenken an Luxemburg und Liebknecht in Berlin

Staps hat’s

Nach dem zweiten Anlauf konnten dann doch alle zufrieden sein: Die Berliner Polizei, die PDS sowie deren Kommunistische Plattform (KPF). Und natürlich Olaf Jürgen Staps, dessen Kritik am Reformkurs der Ost-Sozis nicht unbedingt zum Schlimmsten gehörte, was anlässlich des Gedenkens an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verfasst worden ist.

Dass er deshalb gleich allen Teilnehmenden mit Maschinenpistolen und Handgranten drohte, anstatt, wie die antideutsche Bahamas-Redaktion richtig einklagte, linken Schafsherden als gesellschaftliches Phänomen den Garaus zu machen, gehört freilich zu den geschmackloseren Aspekten des Spektakels. Aber wer sich heute ordentlich in Szene setzen will, muss eben hoch pokern - auch ohne Trumpf in der Hinterhand. Und das ist Staps zweifellos gelungen, obwohl das Gedenken an die ermordeten Kommunisten am letzten Wochenende erwartungsgemäß ohne sein »Blutbad« über die Bühne gegangen ist.

Staps, dem Grüne und PDS Verräterbanden und radikale Aktionen lieber als Pfeifkonzerte sind, hat allen erst die Bühne bereitet. Und keiner ließ sich die Chance entgehen. So konnte die Hauptstadt-Polizei dick auffahren, galt es doch, Linke vor einem Terroristen zu schützen: Ganze Straßenzüge ließ Polizeichef Hagen Saberschinsky abriegeln, Scharfschützen durften sich auf Friedrichsfelder Dächern tummeln, Anwohner wurden vor »Fremden in ihrem Hausflur« gewarnt und obendrein viele der Gedenkenden nach Waffen durchsucht.

Eine Notstandsübung par excellence, unterstützt von denen, die man zu schützen vorgab. Wem der Körperkontakt mit den Grünbehelmten zu nahe ging, der durfte sich vom PDS- Ordnungsdienst untersuchen lassen. Sicherheitspartnerschaft wurde groß geschrieben, nachdem sich Frontmann Gregor Gysi und die Berliner Landesvorsitzende Petra Pau schon vorab in Kooperation mit Saberschinskys Truppen geübt hatten. Entsprechend der parteiinterne Krach: »Wir sind keine Partei der Ordnung«, monierte die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, nachdem Pau den ersten Gedenkmarsch nach einem polizeilichen Verbot abgesagt und um eine Woche verschoben hatte.

Doch die »einmalige polizeiliche Provokation« (Jelpke) rief auch jene auf den Plan, denen die richtige Ordnung gemeinhin als erhaltenswerte Tugend gilt. In der ihr nahe stehenden jungen Welt entlarvte die KPF die perfide Strategie der PDS-Führung, das Gedenken zwar anzumelden, es in Wirklichkeit aber gar nicht zu wollen. Und sie enttarnte die Gemeinheit der Sicherheitskräfte, denen jedes Mittel recht sei, um den alljährlichen Sonntagsspaziergang für alle Ewigkeit abzuhaken. Die Vorgänge um das Gedenken könnten gar »die so genannte Berliner Republik in ihre erste Verfassungskrise« führen. Die Informationsstelle Kurdistan fabulierte gleich hinterher, die größte Manifestation »für Sozialismus, gegen Kapitalismus und imperialistischen Krieg«, ja, »das herausragendste Beispiel für kontinuierliches, einheitliches und gemeinsames politisches Handeln über ideologische und Parteigrenzen hinweg« werde durch die Verschiebung angegriffen.

Da haben die Genossen und Genossinnen offenbar schon mal formuliert, was man später gern in den eigenen Geschichtsbüchern lesen würde. Dass sich von jenen 100 000, die am vergangenen Wochenende ihre Verbundenheit mit den KPD-Gründern zum Ausdruck bringen wollten, kaum einer für diese Phrasen interessiert, stört da freilich wenig. Nicht nur das werden die Historiker dieser Schwarz-Weiß-Ideologen verschweigen. Nach dem Absprung der Antifaschistischen Aktion Berlin waren es noch etwa 1 000 Standhafte, die, losgelöst vom Gedenkmarsch, eine Demonstration gegen den Klassenfeind »durchgesetzt« haben. Und der dürfte wohl weniger vor der Entschlossenheit der Hartgesottenen als davor gezittert haben, dass olle Staps doch noch zuschlagen und damit die aufwendigen Hauptstadt-Sicherheitskonzepte ad absurdum führen könnte. Staps hat's.