ÖVP-FPÖ-Koalitionsgespräche

Haiders willige Vollstrecker

Da sitzen sie nun seit Tagen an einem Tisch, lachen, scherzen, klopfen einander gegenseitig auf die Schulter und demonstrieren Einigkeit: Die »inoffiziellen Regierungsgespräche« zwischen ÖVP und FPÖ unterscheiden sich deutlich von jener rot-schwarzen Massenprügelei, die kurz zuvor mit dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen um eine Weiterführung der Koalition zwischen Sozialdemokraten und Volkspartei geendet hatte.

Seit dem 50. Geburtstag von Jörg Haider wird zwischen den blau-schwarzen Partnern alles verhandelt, was man für einen künftigen und zünftigen Ständestaat braucht. Die Kernpunkte des angekündigten »mutigen Reformprogramms« sind eine »ordentliche« Familienpolitik, die Senkung der Lohnnebenkosten, der Abbau der Sozialleistungen und ein genereller Einwanderungsstopp. Ausländer sollen nur noch als »Saisonarbeiter« nach Österreich kommen.

Dies alles geschieht in rekordverdächtigem Tempo - und das, obwohl es keine Geheimverhandlungen im Vorfeld der Gespräche gegeben habe, wie die ÖVP nicht müde wird zu versichern. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe zögerte Bundespräsident Thomas Klestil noch, der ÖVP den Regierungsauftrag zu erteilen. Eine Alternative wäre, Neuwahlen anzuordnen - und somit gleichzeitig den Absturz der Konservativen und den Aufstieg der FPÖ zu beschleunigen. Deutlich unter 20 Prozent der Stimmen könnten die konservativen Haidermacher fallen, während die Blauen zur stärksten Partei würden: Nach einer Umfrage des Nachrichtenmagazins Profil könnte Haider bei Neuwahlen mit bis zu 43 Prozent der Wählerstimmen rechnen. Tendenz steigend.

Nur mahnen und warnen kann Klestil noch: »Bestürzt« sei er »über die verbale Entgleisung« Haiders, der jede Kritik aus dem Ausland auf seine Art kontert. Er sieht nur eine »sozialistische Weltverschwörung« gegen seine Person, vorgetragen von »korrupten Belgiern« und Verlierern aus Frankreich. Und Haiders willigster Vollstrecker, ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, übt sich schon einmal in der Rolle des Bundeskanzlers: Im Ton mäßigend, stimmt er seinem Kompagnon inhaltlich weitgehend zu.

Auch Funktionäre der FPÖ versuchen immer wieder, Kritiker im Aus- und Inland zu besänftigen. Der Parteisprecher für Kultur, Michael Krüger, konnte sich gar zu einer Entschuldigung bei Elfriede Jelinek aufraffen, die zuvor angekündigt hatte, im Fall einer Regierungsbeteiligung der Blauen Österreich zu verlassen. Man will öffentliches Aufsehen vorerst vermeiden und lieber zusammen mit der ÖVP den Kulturkampf schleichend gewinnen.

Wie das geht, machen die Konservativen schon länger vor. Zum Beispiel im Burgenland. Nach Recherchen der Tageszeitung Der Standard, die sich auf Hinweise der Organisation SOS Mitmensch stützt, geht die Benennung einer Straße in Oberwart nach dem früheren NSDAP-Kreisamtsleiter für Volksgesundheit und Gauärzteführer Wilhelm Smital auf das Konto der ÖVP.

1995 waren bei einem Attentat in Oberwart, für das der rechtsextreme Bombenbauer Franz Fuchs verantwortlich gemacht wird, vier Roma getötet worden. Die Wilhelm-Smital-Gasse ist nur knapp 500 Meter von dem Ort des Anschlags entfernt.