Wer ist Jörg Haider?

Der Typ aus dem Freibad

Alle Welt redet von ihm, täglich ist er im Fernsehen, aber keiner weiß so recht, wer er eigentlich ist. Festzustehen scheint nur: Haider ist kein Nazi. Zumindest kann man das überall lesen. Die Berliner Zeitung meint: »Haider ist weder Rechtsextremist noch Nationalsozialist, er ist weder militanter Europa-Gegner noch Kryptofaschist, weder Wolf im Schafspelz noch Schaf im Wolfspelz, nichts davon ist Haider, d.h. er ist von allem etwas und im nächsten Satz und bei nächster Gelegenheit gerne immer auch das Gegenteil.« Ein menschliches Chamäleon hat sich da also auf die politische Bühne begeben und mischt den Laden mal so richtig auf. Ein Schauspieler, den auch Claus Peymann gerne mal entzaubern würde, wie er der B.Z. im Interview gestand. Richard Herzinger vom Tagesspiegel ist überzeugt: »Die Vorstellung, mit Jörg Haider stehe in Österreich ein neuer Faschismus vor der Tür, ist abwegig.« Aber wenn Haider kein Nazi ist, was ist er dann? Und warum eigentlich die Aufregung?

Sicher, es gibt die Verbindungslinie von Haider zur »Neuen Rechten«. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung aber hat den Diercke-Atlas studiert: »Paris ist nicht Wien und Haider nicht Le Pen.« Die sozialistische Tageszeitung Neues Deutschland glaubt zu erkennen: »Haider ist kein Milosevic. Und schon gar kein Hitler.« Und Saddam Hussein ist er höchstwahrscheinlich auch nicht. Vielleicht Pol Pot? Idi Amin? Der Haile Selassi aus Kärnten?

Nein, so einer ist der Haider nicht. »Haider ist mehr der Typ, den man im Sommer im Freibad trifft.« (FAZ) Ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann und der dafür auch noch demokratisch gewählt wurde. Ein Kämpfer gegen den Proporz und das Establishment. Ein Wilderer eben, ein Echter, »ein Volkstribun, der nichts mehr und nichts weniger will, als dem österreichischen Nachkriegsregime den Garaus zu bereiten« (Tagesspiegel). Wie sagte Haider doch so schön über sich selbst auf n-tv: »Ich bin ein freiheitlicher Reformpolitiker.« So redet ein »durchaus mediokrer Populist« (Berliner Zeitung), ein »rabiater Populist« (taz), »ein Populist, ein Rechtsradikaler oder was auch immer«. (Tagesspiegel), Ein »Zwangsdemokrat« (Ralph Giordano) vielleicht. »Ein kleiner Provinzpolitiker aus Europa« (Haider über Haider). Aber kein Nazi.

Wenn es so weiter geht, dann ist Haider nicht mal mehr Haider. Schon hat er sich verstrickt in die Fänge der Talkshow-Antifa. Die Maske wurde herabgerissen, er ist entlarvt. Er ist nur noch eine billige Kopie seiner selbst. Eine Dementi-Maschine: Steckt man vorne ein Haider-Zitat rein, kommt hinten das Dementi raus. Irgendwann dementiert er, jemals Haider gewesen zu sein. Das ist dann die Vorstufe zur völligen Selbstauflösung. Die Dematerialisierung Haiders. Und Franz Xaver Kroetz wäre der Leidtragende. Der müsste dann alleine Bier trinken gehen.