Eichmanns »Götzen«

»Es ist eben doch nicht so leicht, als Gefangener ein Manuskript von sich zu geben, welches dann erst noch einer Zensur unterzogen wird; da fühlt man sich beim Schreiben nicht frei genug. (...) Am liebsten wäre mir, ich könnte es ausführlicher u. freundlicher neufassen.« - So beginnt ein seit Anfang letzter Woche vom Israelischen Staatsarchiv freigegebenes Manuskript. Verfasst worden sind die autobiografischen Aufzeichnungen mit dem Titel »Götzen« im Sommer 1961 von Adolf Eichmann, dem einstigen Leiter des Referats IVB4 »Auswanderung und Räumung« im Reichssicherheitshauptamt. Die Druckfassung umfasst 676 Seiten, im Internet ist eine Fassung unter hagalil.com/shoah/eichmann/goetzen.htmals Download abrufbar.

Der »unfreie« Schreiber, der für die Ermordung von Millionen europäischer Juden mitverantwortlich ist, betont in seiner Schrift immer wieder die Zwänge, denen er ausgesetzt gewesen sei. Seine Rechtfertigungsversuche schwanken zwischen offensichtlichen Lügen - alles sei von »Göttern und Untergöttern« befohlen worden - und Verharmlosungen - ohne ihn wäre alles noch schlimmer geworden. Der Bericht ist in drei Teile gegliedert, der letzte stellt eine Art inneren Monolog »nach dem Sturz des eben noch Gültigen« dar. Pathetisch-kitschig wird es immer, wenn Eichmann nicht von seiner Mitwirkung an der Vernichtung der europäischen Judenheit spricht: »Als ein Menschenkind trat ich am 19. März 1906 in das Leben.« Etwas mehr als 56 Jahre später vollstreckte die israelische Justiz das Todesurteil.