Antirassismus in Rathenow

Keine Nazis, keine Ausländer

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»Also raus mit denen«, trötete die 15jährige. Die Türken mit ihrer »anderen Religion« würden halt nicht »hierher passen«. Ein anderer gab bekannt, diejenigen bekämen auf die Fresse, »die 'ne andere Farbe haben als wir. Das ist es.« Ein junger Mann brachte es auf den Punkt: Er habe kein Problem damit, Rassist zu sein. Warum auch? »Ist doch jeder hier, na klar.«

Da hat er wohl Recht. Die Statements der einheimischen Bevölkerung waren schließlich von einem Kamerateam des Senders Freies Berlin in Rathenow aufgenommen worden. Man hatte den Hilferuf von einigen dort untergebrachten Flüchtlingen von Anfang Februar zum Anlass genommen, sich mal in der brandenburgischen Kleinstadt umzusehen. Gesendet wurde der Beitrag kurze Zeit später in dem ARD-Magazin »Kontraste«.

Und schon war der Ärger da: Rathenows Bürgermeister vermisste im Film die Schilderung der positiven Seiten des Städtchens und mahnte Gesprächsbedarf an. Die Filmemacher und Einwohner wurden zur Diskussion in eine Schule gerufen. Geladen waren Petra Lidschreiber, Chefredakteurin des SFB und »Kontraste»-Moderatorin, Redakteur Reinhard Borgmann und die Autorin des Beitrags, Gabriele Probst. Für Rathenow in den Ring stiegen der Bürgermeister und Stefan, ein Schüler, die Moderation übernahm gleich ein Generalsuperintendent.

An der Anwesenheit der Asylbewerber lag niemandem - sie wurden nicht eingeladen. Aber auch die Rechten - das offizielle Rathenow gibt sich als Feind aller Extremisten - müssen an diesem Abend draußen bleiben. »Nur die normalen Jugendlichen wurden reingelassen«, sagt abends ein Radioreporter. Wäre es eine Fernsehübertragung, könnte man sich an seinem Grinsen erfreuen.

Bei der Diskussion zeigt Stefan, dass er die freiheitlich-demokratische Grundordnung verinnerlicht hat. Applaus im Saal, als er Petra Lidschreiber eine Liste mit 510 Unterschriften überreicht. Die waren in einer Schule mit 600 Insassen gesammelt worden. Die UnterzeichnerInnen bezeugen, »sich dieser Gruppe nicht zugeordnet zu fühlen«. Welcher, darauf weist der Moderator gleich hin: »Rathenow ist nicht rassistisch.«

Aber Autorin Probst ist immer noch nicht überzeugt: Ihr Team »habe keinen gefunden, der sich für die Ausländer ausgesprochen hat«. Das dürfte in Rathenow auch nicht leicht sein, denn wer das täte, könnte gleich wegziehen. Fast täglich kommt es zu Angriffen gegen alles, was nicht national.de ist. In einer Häufigkeit, die Rathenow schon seit Jahren einen Spitzenplatz in Brandenburgs Statistiken zu rechter Gewalt sichert.