Unverzagte Ostland-Ritter

Warten auf die Massen

»Warschau! Siebtes Gebot: Du sollst nicht stehlen!« wollte die Interessengemeinschaft für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands (IWG) mit ihrem Aufmarsch in Dresden der polnischen Regierung entgegenschleudern. Diese dürfte davon jedoch kaum etwas mitbekommen haben: Gerade einmal 80 Nazis der eher körperbetonten Kategorie konnten Ende März in die sächsische Landeshauptstadt mobilisiert werden.

Ausgerüstet mit dem billigsten Megafon, das bei Conrad Electronic aufzutreiben war, versuchten dann IWG-Chef Georg Paletta und andere Unverzagte, Preise im Wer-kann-so-schnarrend-Reden-halten-wie-Adolf-Wettbewerb zu gewinnen. Die versammelten Naziskins wollten jedoch - ganz wie zu Hause - viel lieber Leute verprügeln. Vor allem die am Rand stehenden Antifas, die die Kundgebung immer wieder akustisch und mit dem einen oder anderen Joghurt-Wurf störten, trieben manchem Kameraden die Wut ins Gesicht.

Die IWG verfügt über einen illustren Kreis von Bündnispartnern: Neben dem NPD-Umfeld war in Dresden auch die lokale Führungsriege der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) unter ihrem Chef Alexander Kleber vertreten, in Erfurt konnte sie sich zwei Wochen zuvor außer auf die Nationaldemokraten auch auf die Mitarbeit des Thüringer Heimatschutzes verlassen.

Das Revanchisten-Bündnis setzt damit immer mehr auf auch in rechtskonservativen Kreisen zumindest offiziell geächtete Gruppierungen. Bisher hatte es selbst die Scharnier-Funktion erfüllt: Ein IWG-Aufmarsch im Oktober 1998 in Berlin war nicht nur vom Christlich-Konservativen Deutschlandforum in der CDU/CSU, Aktivisten des Bundes der Vertriebenen und dem Witiko-Bund unterstützt worden, sondern auch von der Vereinigten Rechten und der Deutschen Liga für Volk und Heimat.

Damals war eine Großdemonstration mit sagenhaften 100 000 Teilnehmern angekündigt worden, von denen schließlich 20 erschienen. Der Aufmarsch in Dresden hingegen ist Teil des genialen Plans, im Jahr 2000 jeden Monat in einer anderen Stadt unter dem Motto »Recht auf Heimat« aufzumarschieren.

Dass an einem ähnlichen Plan schon einmal Horst Mahler mit seinen Montagsdemonstrationen recht peinlich gescheitert ist, stört die Aktivisten der IWG wenig. Also werden die Transparente und Schilder nach der Kundgebung wieder eingesammelt - für die nächsten Stationen Jena (29. April), Halle und Leipzig. Ob die Kämpfer gegen die »52jährige Okkupation Schlesiens, Pommerns und Ostpreußens« ihre Kampagne durchhalten werden, dürfte davon abhängen, wie viele Hunderttausend Kameraden sich einfinden, um von Millionen Antifas empfangen zu werden.

arthur leone