Bretonische Linksnationalisten

Der Krieg ist aus

Es könnte das (vorläufige) Ende des radikalen bretonischen Nationalismus bedeuten. Die linksnationalistische Kleinpartei Emgann (Der Kampf) steht, so titelte jedenfalls kürzlich die Pariser Tageszeitung Libération, »vor der Implosion«. Auf jeden Fall hat die radikale Separatisten-Organisation in den letzten Wochen einige ihrer führenden Köpfe eingebüßt. Angefangen bei ihrem prominenten Sprecher Ga'l Roblin, der - zusammen mit sechs seiner Gesinnungsgenossen - seit Mitte Mai in Paris in Untersuchungshaft sitzt.

Vorgeworfen werden ihnen die Gründung einer terroristischen Vereinigung, ein Sprengstoffanschlag mit Todesfolge sowie Sachbeschädigung. Die Vorwürfe zielen auf die Revolutionäre Bretonische Armee (ARB) und konkret auf die drei Bomben-Attentate, die die kleine »Armee« (sie zählt mutmaßlich 15 bis 20 Militante) im April unter anderem auf die McDonald's-Filialen im westfranzösischen Pornic und im bretonischen Quevert verübte. Bei dem zweiten Anschlag war die junge McDonald's-Angestellte Laurence Turbec ums Leben gekommen. (Jungle World, 19/2000)

Fünf Tage nach der Tat wurde dem Fernsehjournalisten Victor Robert eine Diskette übergeben, die ein Schreiben der ARB enthielt. Darin wies die bretonische Armee jegliche Verantwortung für den Anschlag von Quevert zurück, bekannte sich aber zu dem Attentat in Pornic.

Die Diskette wurde dem Fernsehjournalisten aller Wahrscheinlichkeit nach von den nationalistischen AktivistInnen Ga'l Roblin und Solenn Georgeault übergeben. Diese Angaben der Ermittlungsbehörden scheint die polizeiliche Vernehmung des Journalisten Anfang Mai bestätigt zu haben. Zugleich ergab die Auswertung der Daten ihrer Mobiltelefone, dass beide sich jeweils kurz vor den Anschlägen in der Nähe der Tatorte aufgehalten hatten. Und bei dem bretonischen Nationalisten Pascal Laize fanden die Ermittler zunächst Zündvorrichtungen in seinem Auto und später Dynamitstangen auf seinem Dachboden.

Insgesamt wurden 13 Personen (elf Bretonen und zwei Basken) verhaftet, einige unter ihnen jedoch wieder freigelassen. Alle Verdächtigen stammen aus dem Umfeld der linksnationalistischen Partei Emgann. Die Polizei geht davon aus, dass sich der »harte Kern« der ARB unter den Verhafteten befindet.

Damit ist das von Emgann bisher in der Öffentlichkeit propagierte Selbstverständnis zusammengebrochen, die Partei habe nichts mit der ARB zu tun. Alles deutet darauf hin, dass es tatsächlich eine Art Arbeitsteilung zwischen dem bewaffneten und dem legal auftretenden, politischen Flügel der Bewegung gab. Emgann war im Jahr 1982 aus den Komitees für die Amnestie der bretonischen politischen Gefangenen heraus entstanden. Heute zählt die Kleinpartei schätzungsweise 200 Mitglieder.

Der 27jährige Ga'l Roblin ist das bekannteste Mitglied von Emgann. Der ehemalige Linksradikale war zeitweise Mitglied einer trotzkistischen Jugendorganisation, des CGT-Arbeitslosenkomitees sowie Aktivist einer antirassistischen Gruppe in Nantes gewesen. Eine durchaus typische Biografie für die jüngere Generation der bretonischen Nationalisten.

In ihren Augen verbindet sich der Kampf für die »Unabhängigkeit der Bretagne« und gegen die französische »Kolonialmacht« mit der Sache aller Unterdrückten in der Welt; der Nationalismus diene dabei nur als Motor.

Mit diesem idealistischen Image ist es nach dem tödlichen Anschlag auf die McDonald's-Filiale erst mal vorbei. Seit dem Tod von Laurence Turbec häufen sich in der Region die Unmutsäußerungen und Wandparolen gegen Emgann und die ARB.