Venedig-Besuch des FPÖ-Mannes

Haider oder Faschismus

Dass Jörg Haider gleich so deutlich werden würde, damit hätte wohl auch ein altgedienter italienischer Separatist wie Umberto Bossi kaum gerechnet. Die norditalienischen Regionen Veneto und Friaul-Julisch-Venetien, so schlug Haider am vergangenen Wochenende bei einem Besuch in Venedig vor, sollten sich von Italien loslösen und eine »Großregion« mit dem von ihm regierten österreichischen Bundesland Kärnten eingehen.

Der alte Drang nach Süden, nach über achtzig Jahren endlich wieder k.u.k. (kärntnerische und katzlmacherische) Truppen am Adriastrand? Aber nein, es geht um »kulturelle und politische Identität«, die, wie Haider sagt, die Kärntner und die Veneter eint. Die Italiener werden sich freuen, dass die nächsten Besatzer aus lauter Verwandtschaftsliebe zu ihnen kommen. Schließlich hatte man ja während dreier Besatzungsregime Zeit genug, sich anzunähern.

Haider scheint seine Kurzurlaube an der Adria zu genießen - sie häufen sich. In der ersten Juli-Woche war er bereits in die Teutonengrill-Metropole Jesolo gereist, wo ihn der Bürgermeister Renato Martin, ein ehemaliges Mitglied von Bossis Lega Nord, mit der Ehrenbürgerwürde bedachte und ihm symbolisch den Stadtschlüssel überreichte. Nun führte ihn seine Reise ins von Klagenfurt nur 160 Kilometer entfernte Venedig, angeblich, um in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann »die touristischen Angebote des Bundeslandes Kärnten vorzustellen«.

Würde die Idee aus der Kärntner Fremdenverkehrszentrale stammen, so wäre sie schlecht durchdacht: Denn selbst das übel beleumundete Bundesland dürfte über einige tausend bessere Werbeträger verfügen als ausgerechnet den rassistischen Landesvater. Der Stadtrat von Venedig hatte ihn noch am Tag vor seiner Ankunft wissen lassen, er sei nicht willkommen; die Aktivisten der örtlichen Centri Sociali teilten ihm das mit Stein- und Obstwürfen mit.

Doch das störte Haider wenig, denn sein Einsatz in Venedigs »Hotel Europa« war nicht von den Tourismus-Managern geplant, sondern von ihren Kollegen aus der Abteilung Politik. Und denen ging es darum, ihrem Chef wieder einmal zu einem provokativen Auftritt zu verhelfen, bei dem er sein Image als unverdrossener Bad Guy pflegen und die an die Europa-Konzeption der SS angelehnte neurechte Idee von einem »Europa der Regionen« vertreten konnte. Auch in Zukunft, kündigte der Ex-Parteichef stolz an, werde er auf »außenpolitische Aktivitäten setzen«.

Dafür, dass seine sorgfältige Inszenierung auch außerhalb Österreichs und Italiens nicht unbemerkt blieb, sorgte PR-Fuchs Haider mit einer seiner schon zur Gewohnheit gewordenen verbalen Einzelkämpfer-Aktionen, die der österreichischen Presse immer noch als »Ausrutscher« gelten, diesmal aber sogar Koalitionspartner ÖVP in Rage brachten: Nach seinen Erwartungen an die französische EU-Präsidentschaft befragt, antwortete Haider, den französischen Versuch, als »besseres Volk« die EU anführen zu wollen, halte er »für den Beginn einer Fehlentwicklung, wie wir ihn bereits aus dem deutschen und italienischen Faschismus kennen«.

Haider, das antifaschistische Frühwarnsystem Europas? Sein italienischer Gesinnungsgenosse Umberto Bossi scheint ebenfalls dieser Meinung zu sein: »Haider«, sagte er der Repubblica, »ist nur ein Nationalist, einer wie de Gaulle. Ich stimme mit ihm darin überein, dass die Macht in Europa heute anrüchig ist, im Geheimen ausgeübt wird, in den Händen der Lobbys liegt.«