UMTS-Versteigerung

Lange Leitung

99,36 Milliarden Mark für die Staatskasse! Geht es um die Versteigerung der UMTS-Mobilfunk-Lizenzen, reden manche Kommentatoren von »Irrwitz« und Analysten fürchten, dass sich das alles nicht mehr rechnet, weil Gewinne frühestens in zehn Jahren zu verbuchen seien.

Und doch handeln die mitbietenden Konzerne streng nach kapitalistischer Logik: vielleicht nicht nach der Logik herrschender idealistischer Vorstellungen einer »besten Verteilung der Ressourcen«, sondern nach der strengen und absurden Logik des Wettbewerbs.

Warum bieten große Telekommunikationskonzerne zweistellige Milliardenbeträge für Frequenzlizenzen einer Technik, die noch nicht einmal existiert? Hören wir einfach gut zu: Nachdem die Gruppe um E-Plus bekannt gegeben hatte, aus Kostengründen nur noch für zwei statt drei Frequenzblöcke zu bieten, kommentierte ein Unternehmenssprecher in ungewöhnlicher Offenheit, dass die Verdrängung von möglichen Konkurrenten die Höhe der Angebote nicht mehr rechtfertige. Auch das Handelsblatt erklärte, dass die Konzerne ihre Angebote nur noch deshalb erhöhten, »um den einen oder anderen potenziellen Konkurrenten gar nicht erst in den Markt zu lassen«.

So klare Stimmen hört man selten. Offensichtlich ging es den Unternehmen nicht um klassische, gewinnbringende Investitionen in einem funktionierenden Wettbewerbssystem, sondern um außerordentlich teuer bezahlte Optionen auf Marktführerschaft in der Zukunft - in der die stark verringerte Anzahl der mitspielenden Konzerne ihnen wieder Macht über die Preise verleihen soll. Es geht darum, den Wettbewerb zu minimieren.

Fast die gesamte so genannte New Economy ist von dieser Logik geprägt. Auch die Deutsche Telekom folgte diesem Muster, als sie die US-amerikanische VoiceStream für 6,5 Milliarden Dollar übernahm. Irgendwann will sie zum erlauchten Kreis einer Handvoll überlebender Kommunikationskonzerne gehören, die den Weltmarkt beherrschen und dann das große Geschäft machen. Doch schon dieses Mal ging ihre Rechnung nicht auf. Zusammen mit Mannesmann hat die Telekom immer weiter geboten, um mindestens einen der kleineren Konzerne aus dem UMTS-Business der Zukunft herauszuhalten.

Doch Viag Interkom, E-Plus, Mobilcom und sogar das als Außenseiter gehandelte Konsortium Telef-nica/ Sonera hielten mit. Und am Ende bekamen alle sechs Bieter je zwei gleichwertige Frequenzblöcke - ein Ergebnis, das sie am vorletzten Montag für 69 Milliarden haben konnten. Der Mobilfunk-Markt wird demnächst also nicht mehr von vier, sondern von sechs Konzernen bespielt, was eine neue Politik der Preisoffensiven bei Handy-Tarifen verspricht.

Und die knapp 100 Milliarden Mark? Hat der Staat die Konzerne ausgetrickst und ihnen Geld abgenommen? »Es handelt sich hierbei doch um Marktwirtschaft«, kommentierte Finanzminister Hans Eichel, der sich plötzlich als großer Umverteiler geriert. 100 Milliarden Mark für den Schuldenabbau und die daraus resultierenden drei bis fünf Milliarden weniger Zinsen pro Jahr sind nicht schlecht.

Aber man soll die Konzerne nicht für blöd halten. Wenn sie heute 100 Milliarden Mark bereitwillig dem deutschen Staat geben, dann werden sie sich das - auf lange Sicht gesehen - konsequent wieder zurückholen, doppelt und dreifach, mit hohen Gewinnen in der Kommunikationsbranche. Das ist Marktwirtschaft, da hat Eichel recht.