Frauen und Technik

Schuld ist die Kiste

»Alle reden vom Computer - wir meiden ihn.« Von jungen Amerikanerinnen erwartet man diese Haltung nicht, aber die Statistik meldet: Schon in der High School drücken sich Schülerinnen vor Computerkursen. Studentinnen entscheiden sich gegen ein Informatik-Studium, und der Anteil der auf dem IT-Gebiet graduierten Frauen sinkt.

Sogar Universitäten mit einem erstklassigen Computertechnologie-Studiengang wie z.B. die University of Illinois hatten im vergangenen Jahr nur knapp 15 Prozent Frauen unter ihren Absolventen, obwohl die Branche händeringend Arbeitskräfte sucht.

Auch in der neuesten Studie der Gender-and-Technology-Kommission des US-amerikanischen Akademikerinnen-Bundes American Association of University Women wird das Gender Gap noch einmal offenbar. Obwohl Frauen die Hälfte der Arbeitskräfte stellen, bringt nur jede fünfte IT-Kenntnisse mit. Mehr als 7o Prozent der großen und mittleren Firmen bieten gutbezahlte Jobs an, auf die sich Frauen allerdings selten bewerben. Diese Fakten sind hinreichend bekannt. Neu ist allerdings die Schlussfolgerung, die der Bund der Akademikerinnen daraus zieht. Nicht die Frauen sind schuld, wenn es mit dem Computer nicht klappt, die Technik selbst ist das Problem. Verzweifelte Frauen vor abstürzenden Kisten haben das natürlich schon immer gewusst.

Die US-amerikanischen Expertinnen formulieren diese Einsicht jetzt so: Dass sich viele Frauen mit den neuen Technologien nicht anfreunden könnten, habe zum einen mit der Kommunikationssituation zu tun, in die der Computer die BenutzerInnen zwinge. Einsames Hocken vorm Bildschirm und die Zwiesprache mit der Maschine empfänden viele Benutzerinnen als Zumutung und als Begrenzung ihrer sozialen Fähigkeiten.

Zum anderen fehlten auf dem Technologiesektor Identifikationsangebote für Frauen. Internet und Computerspiele würden mit Pornografie und Gewalt identifiziert, so dass sich die Benutzerin frage: Und was hat das alles mit meinem Leben zu tun? Die Skepsis der Frauen sei also kein Zeichen von Angst oder Inkompetenz, die es zu überwinden gelte, sondern eine bewusste Entscheidung. Mit anderen Worten: Die Computer-Technologie ist noch unreif.

Immerhin gibt es sie: die weibliche Computer-Avantgarde. Drei Viertel der Lehrkräfte in diesem Bereich seien Frauen. Ihnen möchte der Akademikerinnen-Bund in Zukunft den Rücken stärken, ihre Kritik am Techno-Patriarchat müsse ernst genommen werden, damit die Technik den Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst werden kann. Bislang seien diese Computer-Rebellinnen schlichtweg als inkompetent denunziert worden, wenn sie sich zu Recht über ständig abstürzende Computer, mangelhafte technische Ausstattung oder unbrauchbare Software beschwerten.

Mit ein paar attraktiven Computerspielen, in denen sich Mädchen zur Abwechslung einmal wieder erkennen können, soll es aber nicht getan sein. Rein ins Leben mit dem Computer, lautet die Devise. Der Bund der Akademikerinnen schlägt vor, computing nicht mehr separat und quasi im Labor zu unterrichten, sondern in den Lehrplan zu integrieren. Und zwar nicht nur innerhalb der naturwissenschaftlichen Fächer, sondern auch innerhalb von Kunst, Musik und Literatur.

Schickt Mentorinnen in die Schulen, wird geraten, und schafft Role Models: Hightech-Frauen, die Schülerinnen Mut und Lust auf Berufe machen, in denen auch sie die Macher, die Designer, die Programmierer sein können. Cybergirls, sagt die Studie, fallen nämlich nicht vom Himmel.