Transferflüchtlinge in Kroatien

Von Peking nach Zagreb

Ohne eine Änderung des kroatischen Ausländerrechts wird die ersehnte Annäherung des Landes an die EU ein Wunschtraum bleiben. So lauten seit geraumer Zeit die Mahnungen aus Brüssel. Die neue kroatische Regierung unter dem Sozialdemokraten Ivica Racan hat die Flüchtlingspolitik daher zu einem Schwerpunkt ihrer Politik erhoben. Das weiß auch Bozena Katanec, Leiterin des Amtes für Ausländer und Migration im kroatischen Innenministerium. Sie hat jetzt Alarm geschlagen - und zwar ganz im Sinne ihres Chefs.

»Belgrad und Sarajevo sind die Schlüssel zu einer Fluchtroute, die von China nach London führt«, erklärte die Amtsleiterin in einem Bericht, den sie kürzlich vorgestellt hat. So habe sich die Zahl der aufgegriffenen Flüchtlinge aus dem Iran im Vergleich zum Vorjahr von 86 auf 927 erhöht. Was die Herkunftsländer Türkei und China betrifft, so habe die Zahl der illegalen Migranten um 300 bzw. sogar »um 500 Prozent« zugenommen. Insgesamt habe sich die Zahl der Transitflüchtlinge in Kroatien verzehnfacht.

Die Medien nahmen die Statistik der Ausländerbehörde zum Anlass, ausführlich über den »Flüchtlingsansturm« und das »Schlepperunwesen« zu berichten. Selbst die liberale Tageszeitung Jutarni List schrieb über die »Iraner, Chinesen und Bürger aus Bangladesch, die die kroatisch-bosnische Grenze überschwemmen«.

Den kroatischen Behörden bereitet vor allem große Schwierigkeiten, dass kein Rückschiebe-Abkommen mit Bosnien-Herzegowina existiert - im Gegensatz etwa zu Slowenien. Nun kündigte Katanec den baldigen Abschluss eines solchen Abkommens an. Dies sei dringend nötig, um die wachsenden Belastungen für den kroatischen Haushalt zu reduzieren.

»Für Betreuung, Abschiebung und andere Aufgaben wurden dieses Jahr schon 1,8 Millionen Kuna (220 000 Euro) ausgegeben, und leider ist mit noch mehr zu rechnen«, klagte Katanec. Die Regierung will außerdem zusätzliche Mittel für Polizei und Grenzssicherung bereitstellen. Gleichzeitig werden zahlreiche Prozesse gegen so genannte FluchthelferInnen eröffnet: Derzeit laufen 93 Verfahren gegen 131 Personen.

Offen bedauert wird in dem Bericht ein Aspekt, den die Ratifizierung von internationalen Abkommen mit sich bringt. »Die Genfer Konvention erlaubt uns nicht, Flüchtlinge in ihre Heimatländer abzuschieben, wenn ihr Leben dort in Gefahr ist«, heißt es dazu in dem Report. »Das neue Asylgesetz wird Kroatien eine noch größere Bürde auferlegen. Doch die Regierung hat keine Wahl, da die Gesetze mit dem EU-Recht übereinstimmen müssen.«

Sollte das Abkommen mit Bosnien zustande kommen, würde sich die Schengener Außengrenze um 300 Kilometer nach Südosten verschieben. Allerdings dürfte die Regierung in Sarajevo kein großes Interesse an einem solchen Abkommen haben, da es den Druck auf Bosnien erhöhen würde, sich seinerseits gegen Flüchtlinge abzuschotten. Die Vorstellung, dass eine streng überwachte Grenze die Republika Srpska von Serbien trennen soll, ist bei vielen bosnischen SerbInnen nicht populär. Nun hofft man in Zagreb, dass die EU das dreiköpfige bosnische Staatspräsidium zum Einlenken bewegen wird. Worauf sich die kroatische Regierung wohl auch verlassen kann.