Alternative Lebensformen

Erst schlagen, dann fragen

Berliner Polizeibeamte haben noch nicht so richtig kapiert, wie der »Aufstand der Anständigen« funktioniert. Dabei haben es ihnen der Kanzler und der Innenminister doch mehrfach erklärt. Die Ordnungshüter sollen jetzt eigentlich gemeinsam mit der Zivilgesellschaft der »kleinen Minderheit rassistischer Schläger« entgegentreten, um Deutschlands Bild im Ausland wieder aufzupolieren.

Stattdessen tat die Hauptstadtpolizei am Rande des letzten NPD-Aufmarsches am 25. November, was sie häufig tut: Antifas verprügeln. Und Ausländer. Einen Korrespondenten des japanischen Fernsehens schlugen die Männer in Grün kurzerhand nieder. Dabei kann er nun wirklich nichts dafür, dass Reiseführer im Ausland vor einem Besuch der durch Nazis und Rassisten kontaminierten Teile Deutschlands warnen.

Nachdem der Journalist zunächst von Polizisten geschubst worden war, weil er sich zu nah an den marschierenden braunen Mob herangewagt hatte, zeigte er den Beamten seinen Presseausweis. Die polizeiliche Antwort darauf: zwei Schläge ins Gesicht und einige Tritte. Ein Jochbeinriss und eine kaputte Brille, lautete die Schadensbilanz.

Ein Passant hielt die Aktion der Beamten allerdings auf Video fest. Und der Japaner stellte Anzeige wegen »Körperverletzung im Amt«. Nun ermittelt die Polizei gegen ihre Kollegen. Warum die Ordnungshüter den Journalisten verprügelten, weiß Polizeisprecher Hansjörg Dräger aber noch nicht. Bis die Einzelheiten ermittelt und die betreffenden Beamten befragt seien, könne es noch eine Weile dauern.

Schnell geht's bei der Berliner Polizei eben nur, wenn's gegen Ausländer, Journalisten oder Linke geht. Zum Beispiel auf der alljährlichen Demonstration zum Gedenken an den 1992 von Nazis ermordeten Antifaschisten Silvio Meier. Nachdem über tausend abendliche Spaziergänger am 25. November durch den Friedrichshain und Lichtenberg gelaufen waren, wollte die Staatsmacht unbedingt deutlich machen, wer Berlins Straßen kontrolliert. Am Nachmittag war es Antifaschisten gelungen, den NPD-Marsch zu stoppen und die Polizei dabei zeitweilig in die Defensive zu drängen.

Nun boxte sich die für ihre Gewaltexzesse berüchtigte Einsatzhundertschaft 23 grinsend und feixend kurz vor dem Ende der Veranstaltung am Bahnhof Lichtenberg durch die Silvio-Meier-Demo. Nach Angaben des PDS-Abgeordneten Frederik Over wurden zwei Antifas von den Beamten bewusstlos geschlagen, sie mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Aber so sieht er eben aus, der Beitrag von Berlins Polizisten zum »Aufstand der Anständigen«. Schließlich geht es ihnen einerseits um den Spaß am Prügeln und andererseits um die Bekämpfung des »Extremismus von rechts und links«. Nachdem am Nachmittag die Nazis den Kürzeren gezogen hatten, musste die Polizei am Abend wohl unbedingt noch ein paar Antifas platt machen.