Prozess gegen Tarek Mousli

Klein-Kleins kleiner Helfer

Da sitzen sie nun: links Hans-Joachim Klein, rechts Tarek Mousli. Der eine wie immer leicht abwesend, das Gesicht versteckt im blauen Anorak, der andere sehr gefasst, selbstsicher, geschützt von einer kugelsicheren Weste und Sicherheitsbeamten. Zwei traurige Gestalten mit unterschiedlichem Auftreten, die eines verbindet: Um die eigene Haut zu retten, haben sie mit ihren Aussagen dafür gesorgt, dass fünf Menschen in Untersuchungshaft sitzen und drei weitere auf ihre Auslieferung an die deutschen Strafverfolger warten.

Die Geschäftsgrundlagen sind schnell erläutert: Nur für den Fall, dass die beiden Kronzeugen genügend belastendes Material liefern, um die anderen Beschuldigten für diverse militante Aktionen verurteilen zu können, dürfen sie selbst mit einem Strafnachlass rechnen. Ansonsten muss Klein, der wegen seiner Beteiligung am Überfall auf die Wiener Opec-Konferenz 1975 des gemeinschaftlichen Mordes und der Geiselnahme angeklagt wird, mit einer lebenslangen Strafe rechnen. Und Mousli müsste angesichts einer Anklage wegen Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen (RZ) und Beteiligung an drei Anschlägen einer Berliner RZ auch mehrere Jahre Haft einkalkulieren.

Und so gab sich der 41jährige alle Mühe, als er letzte Woche im Opec-Verfahren vor dem Frankfurter Landgericht als Zeuge aussagte. Eine gute Übung, steht Mousli doch seit Mittwoch dieser Woche selbst vor dem Berliner Kammergericht. Und dort muss einiges juristisch festgeschrieben werden, was später im Prozess gegen seine mutmaßlichen Mitstreiter in der RZ-Hauptstadt-Combo als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden soll.

Also plauderte er. Nach dem Motto »Nichts Genaues weiß ich nicht«, versuchte Mousli, Kleins Mitangeklagten Rudolf Schindler zu belasten. Was nur schief gehen konnte, zumal er nach eigenen Angaben erst 1985, also zehn Jahre nach dem Angriff auf die Erdölminister, zu den RZ gestoßen war. Dass sich Schindler, wie Klein behauptet, um die Vorbereitung des Wiener Überfalls gekümmert hat, konnte Mousli folglich nicht bestätigen. Ebenso wenig, dass Schindler an der Ermordung des hessischen Wirtschaftsministers Heinz-Herbert Karry im Jahr 1981 beteiligt war. Er will sich lediglich an einen Streit in der RZ erinnern, der diese Aktion betraf.

Über alte Zeiten habe man Mitte der achtziger Jahre, als er mit Schindler und dessen Lebensgefährtin Sabine E. in einer Berliner Zelle organisiert gewesen sei, nicht geredet. Aber immerhin: Als Neuling habe er damals auf Fragen nach der Opec-Aktion beharrliches Schweigen geerntet. Aus diesem »Mauern« habe er geschlossen, dass Schindler involviert gewesen sei. Man könnte aus diesem in klandestin organisierten Gruppen üblichen Verhalten ebenso das Gegenteil schließen - wären da nicht die Geschäftsgrundlagen.

Mit seinem Versuch, Kleins Aussagen gegen Schindler zu untermauern, dürfte sich Mousli trotzdem keinen großen Gefallen getan haben. Denn seien es die Einlassungen des ehemaligen RZ-Mitglieds Gerd Schnepel, die Augenzeugenberichte von Wiener Beamten oder Kleins vollkommen widersprüchliche Angaben - alles spricht dafür, dass der 52jährige in seinen Berichten der Fantasie freien Lauf gelassen hat. Hauptsache, Schindler wird belastet. Das allein dürfte aber für dessen Verurteilung nicht ausreichen. Nicht einmal aus den Aufzeichnungen der Stasi lässt sich ein Indiz für Schindlers Beteiligung am Wiener Überfall herleiten.

Wenn es um die Aktionen der Berliner RZ geht, will Mousli jedoch ganz genau Bescheid wissen. Hier sei der »Hardliner« Schindler als »Schütze« für die Schüsse verantwortlich, mit denen 1987 der Vorsitzende Asylrichter beim Bundesverwaltungsgericht, Günter Korbmacher, an den Beinen verletzt wurde. Noch 1995, so erzählte er damals seiner Freundin, wollte er selbst auf den Juristen geschossen haben. Wie sich die Zeiten doch ändern.