Neofaschisten verlieren an Zustimmung

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Hätte es ihn vor drei Jahren erwischt, die Medien hätten zumindest ausführlich über Yves Peirat und seine Motive berichtet. So aber fand das Urteil gegen den 41jährigen Antifaschisten, das Ende Februar veröffentlicht wurde, kaum Beachtung. Denn die bürgerliche Presse in Frankreich schreibt mittlerweile oft in einer Art und Weise über die extreme Rechte, als stellte diese kein gesellschaftliches Problem mehr dar.

Davon aber konnte in den neunziger Jahren keine Rede sein, als Peirat eine Reihe von Anschlägen gegen Einrichtungen des rechtsextremen Front National (FN) verübte und dabei den historischen Titel Francs-Tireurs Partisans (FTP) benutzte - so hieß eine Partisanengruppe im Zweiten Weltkrieg.

Die Anschläge fanden überwiegend im Großraum Marseille statt, der lange Zeit als eine Hochburg des französischen Neofaschismus galt - unter anderem wegen der großen Zahl von pieds-noirs, den französischen Siedlern in Algerien, die 1962 nach dem Ende des Kolonialregimes vertrieben wurden. In der Region gelangen der extremen Rechten einige spektakuläre Wahlerfolge: Seit 1995, bzw. 1997 regieren sie in Toulon, Vitrolles, Marignane und Orange.

Selbst die polizeilichen Ermittler ließen keinen Zweifel daran, dass Peirats Aktionen sich nie gegen das Leben oder die Gesundheit von Menschen richteten haben. Und sie trafen keine Unschuldslämmer. Der Prozess über seinen letzten Anschlag, der im Oktober 1998 einen Stromgenerator in einer Konzerthalle in Vitrolles zerstörte, brachte ans Licht, was sich in dieser Halle abgespielt hatte. Bei einem Konzert unter dem Etikett »französischer identitärer Rock« spielten dort Neonazibands Lieder mit Titeln wie »Hitler hatte Recht« und »Ethnische Säuberung«.

Der Marseiller KP-Senator Robert Bret sagte als Zeuge ebenso zugunsten Peirats aus wie die ehemaligen Résistance-Mitglieder Lucie und Raymond Aubrac. In den neunziger Jahren sei das Bedürfnis nach militanter Selbsthilfe gegen den Neofaschismus in der südfranzösischen Region zumindest verständlich gewesen. Und ein ehemaliger Widerstandskämpfer der FTP sah in den Aktionen Peirats »keine Anmaßung des Titels, sondern eine Ehrenbezeigung«.

Ein Unterstützungskomitee sammelte immerhin 2 500 Unterschriften für Peirat. Geholfen haben sie ihm nicht. Er wurde Ende Februar von einem Strafgericht in Marseille zu fünf Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt, von denen er bereits anderthalb in U-Haft abgesessen hat. Zudem wurde er zur Zahlung von 441 000 Francs (70 000 Euro) Schadensersatz an den Front National (FN) und die Stadt Vitrolles verdonnert.

Wie stark die extreme Rechte in der Region mittlerweile noch ist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Bei den Kommunalwahlen am 11. und 18. März hofft sie zwar auf eine Wiederholung ihrer frühren Erfolge.

Doch die Neofaschisten, die seit 1999 in zwei rivalisierende Parteien gespalten sind, werden vermutlich die wichtigsten Städte verlieren. In Toulon gilt es als sicher, dass sie aus der Regierung fliegen. Dort sind die Neofaschisten mittlerweile in vier verschiedene Gruppierungen zerfallen. Zudem ist Bürgermeister Jean-Marie Chevallier, ein ehemaliger Aktivist des Front National, wegen Falschaussage in einem Mordprozess und Korruption angeklagt.

Und auch in Vitrolles gilt eine Wiederwahl der Bügermeisterin Catherine Mégret vom MNR (Mouvement National-Républicain) als unwahrscheinlich.