Entspannung im Kongo-Konflikt

Warten auf Monuc

Seit dem Amtsantritt Joseph Kabilas hat sich der Konflikt im Kongo entspannt. Die Uno zögert mit der Entsendung von Truppen.
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Der Appell an die Konfliktparteien im Kongo strotzte nur so vor Pathos. »Die Welt hat darauf gewartet«, sprach Uno-Generalsekretär Kofi Annan Ende Februar im Weltsicherheitsrat, »dass die Konfliktparteien, die das Waffenstillstandsabkommen von Lusaka unterzeichnet haben, ihre Absicht, die Kämpfe zu beenden und die Fundamente für Frieden und Wiederaufbau zu legen, unter Beweis stellen.«

Doch inzwischen sieht es eher so aus, als ob die Kriegsparteien auf die Vereinten Nationen warten müssten. »Die Parteien haben sich sehr klar und unmissverständlich ausgedrück«, kritisierte etwa der Präsident Zimbabwes, Robert Mugabe, die Entscheidung des Sicherheitsrates, die geplante Truppenstärke der Uno-Kongo-Mission (Monuc) von 5 500 auf 3 000 Soldaten zu verringern. »Sie wollen Frieden, und sie wollen ihn jetzt. Sie laden den Rat dringend ein und erwarten von ihm, dass er eine angemessene Antwort gibt.« Mugabe äußerte sich außerdem enttäuscht über »das neue minimalistische Konzept« der Uno, das »Zögerlichkeit und Zweifel« zeige.

An den Kämpfen in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) sind seit 1998 mindestens sieben Staaten beteiligt. Während Uganda und Ruanda verschiedene Rebellentruppen unterstützen, stehen Zimbabwe, Angola und Namibia auf Seiten der DRC-Regierung. Die kompromisslose Haltung des im Januar ermordeten Laurent Kabila galt lange Zeit als Haupthindernis für einen Friedensprozesses. Nach der Amtsübernahme seines Sohnes Joseph scheint nun die Umsetzung des bereits 1999 in der sambischen Hauptstadt Lusaka ausgehandelten Abkommens nicht mehr ausgeschlossen zu sein. Obwohl der Sicherheitsrat den Rückzug aller ausländischen Armeen 15 Kilometer hinter die Frontlinie erst bis zum 31. März verlangt hatte, haben Uganda und Ruanda bereits Ende Februar damit begonnen.

Unklar bleibt, wie lange die derzeitige Entspannung anhält. Ugandas Präsident Yoweri Museveni muss sich am 12. März zur Wiederwahl stellen und kann deshalb freundliche Schlagzeilen über einen Rückzug aus dem unpopulären Kongo-Konflikt gut gebrauchen. »Wir haben unsere Absichten im Kongo bereits erreicht«, heißt es in seinem Wahlprogramm. Die ruandische Armee hat jedoch angekündigt, wieder in ihre alten Stellungen vorzurücken, sollte die von ihr unterstützte Rebellentruppe - die Kongolesische Sammlungsbewegung für Demokratie (RCD) - angegriffen werden. »Dies ist eine Geste des guten Willens, und wir hoffen auf eine angemessene Reaktion der Regierung«, so der ruandische Kommandeur Oberst Karaka Karenze.

Die Monuc, die derzeit mit einem kleinen unbewaffneten Beobachterkontingent im Kongo vertreten ist, soll die Frontlinie überwachen. Doch es ist fraglich, ob die Mission ernsthaft erfüllt wird. So berichtet Africa Confidential unter Berufung auf einen nicht genannten westlichen Diplomaten: »Ein funktionierender Waffenstillstand ist der Alptraum der westlichen Staaten.« Es fehlt an finanziellen Mitteln, allein die Kosten der Entwaffnung und Wiedereingliederung von Rebellen und Regierungssoldaten werden von Belgien auf 200 Millionen US-Dollar veranschlagt. Und es ist unklar, wie die schlecht ausgerüsteten Blauhelme aus Ländern wie Senegal und Urugay mit fast halbierter Truppenstärke in einem unwegsamen Land von der Größe Westeuropas effektiv arbeiten sollen.

Die Todesschüsse auf Laurent Kabila gaben das Signal für das neueste Rennen um die besten Plätze bei der Ausbeutung der unermesslichen Bodenschätze des Kongo. »Ich beabsichtige, den Diamantensektor zu liberalisieren. Ich werde ein neues Minen- und Investitionsgesetz vorschlagen«, gab der neue Präsident Joseph Kabila in seiner Antrittsrede im Januar bekannt. Daraufhin wurde ihm bei seinen Besuchen in westlichen Hauptstädten ein warmer Empfang bereitet. »Auf dieser Basis werden die internationale Gemeinschaft und Frankreich Hilfe anbieten, diese Aussichten Realität werden zu lassen«, so Frankreichs Präsident Jacques Chirac, bevor Kabila Ende Januar nach Washington weiterflog. Dort traf er nicht nur George W. Bush, sondern auch verschiedene Geschäftsleute. Maurice Tempelsman von der New Yorker Diamantenfirma Lazar Kaplan etwa zeigte sich erfreut über Kabilas Vorhaben, der israelischen IDI-Diamonds das von seinem Vater zugestandene Handelsmonopol wieder abzunehmen. Joseph Kabila versicherte auch, Verträge in Zukunft einzuhalten. 1997 hatte sein Vater einen milliardenschweren Vertrag mit dem Bergbaukonzern American Mineral Fields abgeschlossen und später für ungültig erklärt.

Die Familien Bushs und seines Vizepräsidenten Dick Cheney sind an der Ölfirma Chevron beteiligt, die Ölvorkommen vor der Küste Angolas ausbeutet und Interesse am kongolesischen Öl bekundet hat. In Washington traf Kabila außerdem den ruandischen Präsidenten Paul Kagame, einen Verbündeten der USA. Dies nährte Spekulationen, die Bush-Administration wolle eine neue Achse Ruanda-DRC-Angola schaffen und damit sowohl Uganda, den wichtigsten US-Verbündeten unter Clinton, als auch Zimbabwe, dessen Regierung durch ihr Vorgehen gegen weiße Großgrundbesitzer den Unwillen des Westens erregt hatte, isolieren. Die neue republikanische US-Regierung setzt die aktivistische Afrika-Politik Clintons fort. Und auch das Auswärtige Amt hat Kabila bereits nach Deutschland eingeladen.

Das westliche Wohlwollen stärkt Kabilas Position, die weitere Entwicklung hängt jedoch auch vom Einfluss der DRC-Alliierten Angola und Zimbabwe ab. Am vergangenen Mittwoch meldete Le Monde die Verhaftung von Oberst Edy Kapend, dem Militärchef in Laurent Kabilas Regierung, wegen des Verdachts, in dessen Ermordung verwickelt zu sein. Auch ein weiterer Vertrauter Kabilas, General Nawej Yaw, wurde verhaftet. Beide sollen enge Beziehungen zum angolanischen Regierungschef José dos Santos unterhalten. Kapend, der als Urheber der Machtübergabe an Joseph Kabila gilt, trat nach dem Mord als erstes Regierungsmitglied an die Öffentlichkeit. Kurz darauf rückten angolanische Truppen in Kinshasa ein, um dort die Sicherheitslage zu überwachen. Mit den Verhaftungen scheint der erwartete Machtkampf im Kabinett Joseph Kabilas, das er von seinem Vater geerbt hat, ausgebrochen zu sein.