Das Nationalgefühl der PDS

Partei der Liebe

Selten wurde ein Minister von seiner Partei und seinen RegierungskollegInnen derart im Regen stehen gelassen wie Jürgen Trittin. Zwar stellten sich die Grünen und die Sozialdemokraten allesamt hinter den Umweltminister, aber nicht, ohne sich von seinem harmlosen Skinhead-Vergleich zu distanzieren. Die größte Solidarität erfuhr Trittin noch von Harald Schmidt, der in seiner Latenight-Talkshow bekannte, stolz auf Sat.1 zu sein, und vom Bundespräsidenten Johannes Rau. Aber selbst Rau, der die Binsenweisheit, man könne nur stolz sein auf das, was man mit eigenen Händen geschaffen habe, mit einem peinlich-ekligen Bekenntnis zum Patriotismus verband, wurde plötzlich zum Feindbild der Nationalstolzen aufgebaut. Darf so einer noch Bundespräsident sein, fragte die CDU. Spätestens hier zeigt sich, wie sich die Stimmung im Land gewandelt hat. Präsident Gustav Heinemann (SPD) durfte seinerzeit noch sagen, er liebe nicht Deutschland, sondern seine Frau.

Doch auch die linke Opposition versagte Trittin die Solidarität. Dabei geht es gar nicht darum, dem armen Jürgen aufmunternd auf die Schulter zu klopfen, sondern darum, sich für das Recht einzusetzen, sagen zu dürfen, was Sache ist. Nämlich dass Laurenz Meyer, und nicht nur der, mit Naziskins einige Gemeinsamkeiten hat.

Nicht einmal die PDS sah sich genötigt, der Debatte entgegenzuwirken. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der PDS im Bundestag, Heidi Knake-Werner, kritisierte im Bundestag sogar Trittins »unqualifizierte sprachliche Entgleisung«, für die eine Entschuldigung notwendig sei. Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, bezeichnete die Nationalstolz-Debatte zwar als »abstoßend«, doch auch ihm fehlte der Mut oder der Wille, Trittins Äußerung zu bekräftigen. Stattdessen begrüßte er die Stellungnahme von Johannes Rau.

Und dann lobte er ausgerechnet die PDS-Vorsitzende Gabriele Zimmer für ihre nationalistischen Ausbrüche. Zimmer, so Gehrcke in einer Presse-Erklärung, habe »frühzeitig Debattenbeiträge geleistet, die deutlich machen, dass dieses Thema anders angegangen werden kann und nicht der Rechten überlassen bleiben muss«.

Doch warum ist Zimmers Bekenntnis, sie liebe Deutschland, besser als Meyers Erklärung, er sei stolz, ein Deutscher zu sein. Wo bitte ist da der Unterschied? Wenn Knake-Werner nun kritisiert, Meyer betätige sich »als Stichwortgeber deutschtümelnden rechten Gedankenguts«, so könnte man dasselbe über die PDS-Chefin auch sagen. Zimmer hat Meyers Äußerung vorweggenommen, vielleicht sogar provoziert.

Die PDS konnte sich gar nicht glaubwürdig hinter Trittin stellen, weil sie schon hinter Meyer steht. Denn - egal, ob sie es Liebe nennt oder Stolz - die PDS-Basis ist ebenso geil auf Deutschland wie die Basis der Westerwelles und Meyers dieser Republik. Alle, die Deutschland mit geschwellter Brust die Liebe erklären, befördern den Gedanken der Leitkultur. Wer das macht, der zielt auf die Lufthoheit über den Stammtischen. Wer das macht, der bedient dabei genau den rechten Sumpf, den wir gemeinsam trockenlegen wollen. Die letzten beiden Sätze stammen übrigens von Heidi Knake-Werner und galten Laurenz Meyer.