Verbot einer Revisionisten- Konferenz im Libanon

Ausgeladen, aber populär

Die Konferenz »Revisionismus und Zionismus« wurde von der libanesischen Regierung verboten, aber die arabische Presse hat die Ziele der Veranstalter wohlwollend debattiert.

Es war ein toller Plan. Die Schweizer Organisation Vérité et Justice (Wahrheit und Gerechtigkeit) und das US-amerikanische Institute for Historical Review (IHR) wollten am vorletzten Wochenende eine Konferenz veranstalten, um Kontakte in arabisch-islamische Länder zu knüpfen. »Revisionismus und Zionismus« sollte der Titel der Veranstaltung lauten, stattfinden sollte sie in Beirut, und geladen waren die bekanntesten Holocaust-Leugner und Geschichtsrevisionisten: Roger Garaudy und Robert Faurisson aus Frankreich etwa, aus Deutschland wurde das NPD-Mitglied Horst Mahler erwartet.

Aber die Konferenz fiel aus - vorerst. »Bestimmte Personen« hätten den libanesischen Premierminister Rafiq Hariri zum Verbot der Konferenz veranlasst - so jedenfalls werden die Hintergründe der Absage in einer Erklärung von Vérité et Justice beschrieben. Das IHR macht ausländischen Druck für das Verbot verantwortlich. In einer von der libanesischen Tageszeitung an-Nahar am 23. März veröffentlichten Erklärung des Ministerrats hieß es dann, eine Genehmigung für die Konferenz sei nie beantragt worden; Gerüchte, die anderes verbreiteten, zielten darauf ab, »einen diplomatisch-politischen Angriff auf den Libanon zu organisieren«.

Mit der Konferenz wollten die Veranstalter an die seit einigen Jahren in der Neuen Rechten verstärkt geführten Diskussionen anknüpfen, in denen eine Neubestimmung des Verhältnisses zum Islam und insbesondere zu arabischen Widerstandsbewegungen gefordert wird. Das ist kein neues Konzept: Bereits Ende der siebziger Jahre hatte der deutsch-kanadische Holocaust-Leugner Ernst Zündel in einer an verschiedene arabisch-islamische Persönlichkeiten adressierten Broschüre behauptet, es gebe gemeinsame Ziele im Kampf gegen den Zionismus.

Später, während des zweiten Golfkrieges 1991, bestimmte diese These die Solidaritätsbekundungen rechtsextremer Gruppen mit dem Irak, obwohl die Annäherung deren rassistischem Programm eigentlich widersprach. In einem Beitrag für die rechte Zeitschrift Nation und Europa wies aber auch der ehemalige Vorsitzende der Republikaner, Franz Schönhuber, darauf hin, dass »gerade die Araber, unterworfen und gedemütigt wie wir Deutschen, natürliche Bundesgenossen« seien.

Jürgen Graf, der die Konferenz ebenfalls mit ausrichten wollte, erklärte das beiderseitige Interesse am Geschichtsrevisionismus bereits 1995 in einem Vorwort zur arabischen Übersetzung seines Buches »Der Holocaust auf dem Prüfstand« damit, dass er »es den Arabern ermöglicht, die tatsächlichen Gründe für die politische Unterstützung der Juden in Europa und Nordamerika zu verstehen«; die Europäer hingegen bedürften der ideellen Unterstützung der Araber im Kampf um die Meinungsfreiheit und die Bewahrung der eigenen Würde. Graf wurde 1998 in der Schweiz wegen Leugnung des Holocaust zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt und floh daraufhin ins iranische Exil.

Dass Grafs Buch auch in arabischer Übersetzung vorliegt, ist kein Zufall. Geschichtsrevisionistische Thesen westlicher Autoren finden in der arabischen Welt weite Verbreitung. Die Reaktionen auf Roger Garaudys Buch »Die Gründungsmythen der israelischen Politik« etwa, das mittlerweile in diversen arabischen Übersetzungen erhältlich ist, waren überschwänglich. Neben den »Protokollen der Weisen von Zion« gehört auch der so genannte Leuchter-Report, in dem die Existenz von Gaskammern zur Tötung von Menschen bestritten wird, zu den in den letzten Jahren neu verlegten Büchern.

Auch finden sich immer wieder Anlässe, bei denen die Thesen Faurissons, Garaudys oder des rechten Pseudo-Historikers David Irving aufgegriffen werden. Ihre fortdauernde Popularität verdeutlichen die Kommentare zur Konferenz der beiden rechtsextremen Gruppierungen. Bereits in den Debatten im libanesischen Ministerrat stand die Angst vor einem Imageschaden im Vordergrund. Während die Minister, die sich gegen ein Verbot aussprachen, auf die Bedeutung der Kritik am »israelischen Raub im Zusammenhang mit dem Holocaust« hinwiesen, betonten andere das ökonomische Risiko. Angesichts des Protestes von jüdischen Organisationen in den USA sei die Zustimmung des US-Kongresses zur Zahlung von 15 Millionen Dollar an den Libanon gefährdet.

Stimmen, die sich deutlich vom Antisemitismus abgrenzen, blieben in der Minderheit. So wurde die Forderung nach einem Verbot der Veranstaltung, welche 14 arabische Intellektuelle - unter ihnen Edward Said - in einem offenen Brief an die libanesische Regierung gerichtet hatten, scharf kritisiert. Deren Verweis auf den antisemitischen Hintergrund der Konferenz wurde in der libanesischen Tageszeitung al-Anwar vom 21. März zurückgewiesen - er stelle eine Beteiligung an den »terroristischen Attacken, welche vom Zionismus seit Jahrzehnten und Generationen gegen jeden gerichtet werden, der den Mund aufmacht, um irgendetwas Jüdisches zu kritisieren« dar.

Auch die Kritik des libanesischen Journalisten Joseph Samaha löste Widerspruch aus. Der Kolumnist der überregionalen Tageszeitung al-Hayat hatte die Veranstaltung am 13. März als »Konferenz gegen die Wahrheit« bezeichnet. Mit seiner Kritik mache er sich zum »Anwalt des großen Satan Israel«, war am 22. März in al-Hayat zu lesen.

Die immer wieder erhobene Beschuldigung, die historische Forschung über den Holocaust werde von den Zionisten kriminalisiert, wird nunmehr durch den Vorwurf einer Instrumentalisierung des Holocaust ergänzt. Trotz der Bedenken gegenüber der Konferenz sei es von besonderer Bedeutung, »den fortdauernden jüdischen Raubzug« zu entlarven, stand am 21. März in al-Anwar.

Zwar wurde in verschiedenen Artikeln hervorgehoben, dass es keineswegs im arabischen oder palästinensischen Interesse liege, die Verbrechen der Nazis zu leugnen. Es dominierte aber regelmäßig die Tendenz, nationalsozialistische und israelische Politik gleichzusetzen. So meinte etwa Nahla al-Shuhhal in al-Hayat vom 25. März, angesichts der gegenwärtigen israelischen Politik gegenüber den Palästinensern auf die fortdauernde Bedrohung durch faschistische Regime hinweisen zu müssen, welche allein die Wahl zwischen »Kapitulation oder Tod« zuließen.

Andere Autoren ordnen die Shoah in eine allgemeine »Geschichte des Völkermordes« ein und fordern, jedem Genozid entgegenzutreten, richte er sich nun, so die regierungsnahe ägyptische Tageszeitung al-Ahram am 19. März, gegen »die Juden, die Armenier, Ruander oder Palästinenser«. Der Vergleich der israelischen Politik mit dem Nationalsozialismus wird dabei immer wieder im Zusammenhang mit Forderungen nach Entschädigungszahlungen angeführt. Und für die Forderung nach »Entschädigungen für Araber (...), die zu Opfern der Neonazis wurden, welche heute unter dem Namen Zionismus bekannt sind« (al-Anwar vom 21. März), erscheint es schließlich wenig sinnvoll, den Holocaust als historischen Präzedenzfall zu leugnen.

Die Debatte um die Beiruter Konferenz verbindet sich mit anderen Auseinandersetzungen um den Holocaust. In Reaktionen auf das Buch »Die Holocaust-Industrie« von Norman Finkelstein, das vor kurzem in einer arabischen Übersetzung erschien, wurde der Vorwurf einer organisierten Manipulation der Geschichtsschreibung erhoben. Die klassischen Themen der Holocaust-Leugner, wie sie insbesondere vom IHR repräsentiert werden, treten in den Hintergrund, der Vorwurf einer zionistischen Instrumentalisierung des Holocaust nach vorn. Hinzu kommen diverse Verschwörungstheorien, in denen neben Monica Lewinsky mittlerweile auch die Pokemon als Teile eines zionistischen Komplotts ausgemacht wurden.

Auch den Weg in die Unterhaltungsindustrie haben antisemitische Stereotype gefunden. Der ägyptische Regisseur Munir Radhi plant einen Film über die Ritualmordvorwürfe, die 1840 in Damaskus gegenüber Juden erhoben wurden; der Streifen soll eine Erwiderung auf Steven Spielbergs »Schindlers Liste« sein. Schließlich, so Radhi im Februar gegenüber der ägyptischen Zeitschrift Ruz al-Yussif, gehe es darum zu zeigen, wie damals »eine Gruppe von Leuten, welche die zionistische Verschwörung zur Eroberung Palästinas« entlarvte, zum Opfer jüdischer Ritualmorde wurde. Unklar ist noch, ob die Präsentation des Films zur vorläufig vertagten Konferenz des IHR möglich sein wird. Die jedenfalls, so die Veranstalter in einer Erklärung, »findet definitiv statt«.