Alternative Lebensformen

Kopf voller Waren

Es gibt Leute, die haben viel Geld, wissen aber nicht, wohin damit. Sie können viele überflüssige Dinge kaufen, die sie nicht brauchen. Und zwar am besten solchen Schnickschnack wie batteriebetriebene Polstermöbel, Beistelltischchen und überdimensionierte Topfpflanzen.

Haben sie ihre Wohnung nach den Anweisungen eines Feng-Shui-Experten mit dem Kram vollgestellt, nennen sie es »ganzheitlich gestaltete Wohnlandschaft« und halten sich für bessere Menschen. Noch ahnen sie nichts von der Trostlosigkeit ihres Daseins, und deshalb kaufen sie sich auch weiterhin in den Zustand der Bewusstlosigkeit hinein. Für diese Kundenklientel gibt es im Berliner Westen das »Stilwerk«, ein fünfgeschossiges Kaufhaus für Designmöbel und kunstgewerblichen Nippes, das mit überteuertem Plunder vollgestopft ist. Ein Sofa wird dort nicht etwa Sofa genannt, sondern »Liege-Insel« und hört auf den Namen Panta Rhei (»Alles ist in Bewegung. Und das stimmt auch! Arme, Fußstütze und Rücken sind stufenlos verstellbar!«).

Verhökert wird der Ramsch überwiegend an die neureiche Toskana- und Esoterikfraktion. Für eine Art Kunststofftablett auf Stelzen löhnt man 400 Mark. Wer den zugehörigen unförmigen Plastikaschenbecher haben will, muss noch einen schlappen Hunderter drauflegen. »Plastic Furniture« heißt der grellbunte Fertigmüll euphemistisch. Irgendwer muss ihn dann kaufen und hat das wohligwarme Gefühl dabei, dass er mit seinem banalen Kaufakt eine Kulturleistung ersten Ranges vollbracht hat. Weil man seinen Kundenkreis aus grünliberalen Fitnessaposteln aber gut genug kennt, hat man noch ein zusätzliches Angebot: Sauerstoff. Wer will, kann sich per Inhalationsmaske mit so genanntem angereicherten Sauerstoff die Lungenflügel durchpusten lassen.

Lauscht man den Worten des Verkäufers, könnte man meinen, so geschehe eine Art Wunderheilung: »Man muss daran glauben, dann wirkt es auch.« Wer per regelmäßiger Sauerstoffzufuhr den Körper stählen und seinen Alterungsprozess aufhalten will, muss natürlich blechen. Für eine »Kur« legt man mindestens einen Tausender hin, ein Apparat für den Hausgebrauch kostet 9 000 Mark.

Aber den braucht, wer fit sein will im atemraubenden Kampf ums Dasein in der Großstadt. Ist man doch den ganzen Tag rastlos unterwegs gewesen und hat die City durchstreift auf der Suche nach geeigneten Schrankwänden, Espressomaschinen und Topfpflanzen. Denn Existenz will verrichtet sein. Irgendwie.

Und wenn das Workaholicleben zwischen Bürotower und Fitnessraum so leer ist wie der eigene Kopf, dann muss man es eben mit Waren füllen.