Verfassungsänderung in Mazedonien

Separat macht Staat

Trotz einer geplanten Verfassungsänderung droht die UCK in Mazedonien, die Kämpfe auszuweiten.

Was Robert Frowick in den letzten Wochen genau getan hat, weiß ich nicht. Mir ist nur bekannt, dass er öfter nach Pristina gefahren ist«, gibt sich Harald Schenker, der Sprecher der OSZE-Mission in Skopje ratlos. Obwohl der US-amerikanische OSZE-Gesandte Robert Frowick bis zum Donnerstag der vorletzten Woche in ihrem Haus residierte, war die kleine Mannschaft der OSZE offenbar überrascht von seiner Reisewut.

Immerhin traf er sich in den vergangenen Wochen in Pristina mit Vertretern der mazedonischen UCK, um ein Abkommen mit den albanischen Parteien in Mazedonien zu vermitteln. Der seltsame Separatfrieden zwischen den beiden nun in der Regierung vertretenen albanischen Parteien und den Terroristen aber bedeutete zugleich das Ende von Frowicks Engagement am Balkan. Kurz nach Bekanntwerden seiner durch das OSZE-Mandat nicht gedeckten Vermittlungstätigkeit verließ er Mazedonien. »Wenn er da tatsächlich vermittelt hat, so war das eine private Aktion«, versucht nun Schenker die OSZE aus dem Skandal herauszuhalten, der die Reputation der Organisation abermals enorm schädigte.

Denn schon im Kosovo hat sich gezeigt, dass die OSZE auf dem Balkan aus Peacekeeping meist Trouble macht. Schließlich hat Frowick durch seine Vermittlungstätigkeit die Krise noch verschärft. Er sorgte schlicht dafür, dass Regierungsparteien ein großzügiges Arrangement mit jenen Terroristen bastelten, gegen die dieselbe Regierung mit Panzern und Mörsern kämpft. Tagelang stand die erst drei Wochen alte Koalitionsregierung auf der Kippe. »Die albanischen Parteien müssen sich von diesem Abkommen distanzieren, andernfalls sehe ich keine Zukunft in unserer Zusammenarbeit«, tobte der mazedonische Premierminister Ljubco Georgievski.

Das Chaos schien vorerst beendet, nachdem Georgievski vergangene Woche eine Änderung der mazedonischen Verfassung angekündigt hatte, die für eine Besserstellung der albanischen Volksgruppe im Lande sorgen soll. Die beiden in der Regierung vertretenen albanischen Parteien konnten ihr Gesicht wahren. Sie brauchten sich nicht vom Inhalt des Abkommens mit den Terroristen zu distanzieren, sondern konnten sich damit begnügen, dem Dokument den »offiziellen Charakter« abzusprechen.

Die von der Regierung angekündigte Verfassungsänderung unterscheidet sich jedoch inhaltlich kaum noch von dem inoffiziellen Abkommen zwischen albanischen Parteien und der UCK. Die albanische Minderheit in Mazedonien soll in der Verfassung als staatsbildendes Volk anerkannt werden, außerdem soll Albanisch zur zweiten Amtssprache werden.

Auch soll der Aufstand einiger radikaler UCK-Abkömmlinge kein strafrechtliches Nachspiel haben. Mazedoniens Präsident Boris Trajkovski kündigte eine Amnestie an. Internationaler Druck und ein Besuch des außenpolitischen Beauftragten der EU, Javier Solana, waren entscheidend für das Einlenken der Regierung. Entsprechend lustlos klang die Ankündigung. »Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir die Verfassung ändern müssen«, sagte ein sichtlich übel gelaunter Premier Georgievski.

Ein wesentlicher Bestandteil des Abkommens mit den Rebellen aber fehlt auf der Agenda der Regierung. Die UCK-Terroristen werden nicht, wie gefordert, ein Vetorecht in allen die albanische Minderheit betreffenden politischen Entscheidungen erhalten. Auch wird es nicht zur Bildung einer albanischen Polizei in den mehrheitlich albanisch besiedelten Gebieten Mazedoniens kommen, die die Separatisten aus den eigenen Reihen rekrutieren wollten. Doch gerade diese beiden Teile der Vereinbarung hätten der UCK zum Eintritt in die politischen Gremien Mazedoniens verholfen und es ihnen ermöglicht, die Schützengräben zu verlassen. »Sie erzählten mir, dass sie zwar militärisch ganz gut dastünden, aber politisch isoliert seien und daher nicht wüssten, was sie als nächstes machen sollten«, erzählt ein kosovo-albanischer Politiker, der bei den Verhandlungen zwischen Frowick und den Rebellen in Pristina anwesend war, seinen Namen aber nicht genannt wissen will.

Vorerst aber werden die Kämpfer wohl nicht zum Verhandlungstisch zugelassen; auch deshalb, weil die westlichen Interventionsmächte auf dem Balkan wenig Interesse daran haben. »Einer Bande bewaffneter Schläger sollte esnicht erlaubt sein, eine multi-ethnische Demokratie zu zerstören. Diese Gefechte müssen aufhören«, erklärte Nato-Generalsekretär George Robertson.

Davon aber ist man weit entfernt in Mazedonien, vielmehr haben die Gefechte an Intensität zugenommen, seitdem die Verfassungsreform angekündigt wurde. So äußerte Premier Georgievski nach erneuten Angriffen von UKC-Kämpfern gegen Stellungen mazedonischer Sicherheitskräfte am vergangenen Wochenende schwere Bedenken gegen die von ihm selbst vorgeschlagene Verfassungsänderung. Die UCK ihrerseits erhofft sich von militärischer Unbeugsamkeit weitere Zugeständnisse der Regierung und vor allem die Bewahrung ihrer militärischen Ehre.

Auch die Zustimmung der Bevölkerung genießen die angekündigten Maßnahmen der Regierung nicht. Nun könnte es sogar Widerstand aus den Reihen der slawischsprachigen Mazedonier geben. Nach einer Jungle World vorliegenden Umfrage des Research-Centers des US-amerikanischen Außenministeriums sprechen sich 97 Prozent der slawischsprachigen Mazedonier gegen die Zulassung des Albanischen als zweite Amtssprache aus, und 87 Prozent der albanischsprachigen Mazedonier votieren für die Erhaltung eines multi-ethnischen mazedonischen Staates.

Der politische Führer der mazedonischen UCK, Ali Ahmeti, hat nun sogar die Ausweitung der Aktivitäten auf griechisches Territorium angekündigt. Dort habe sich schon eine gut ausgerüstete Armee gebildet, die nur darauf warte, loszuschlagen und die »Rechte der rund eine Million Albaner in Griechenland durchzusetzen«.

Allerdings könnte Ahmeti mit dieser Eskalation die UCK international völlig isolieren. Eine Unterdrückung der in Griechenland lebenden Albaner zu konstruieren, ist lächerlich. »Das sind kranke Phantasien von Terroristen, die Probleme schaffen wollen, wo keine sind«, sagte der Sprecher des griechischen Außenministeriums, Panos Beglitis. Doch darin hat die UCK durchaus Übung.