Kämpfer für Großkosovo

Protektorat ohne Grenzen

Der Anspruch reicht weit über die Anhöhen vor Skopje hinaus. »Kosovo beginnt in Bar in Montenegro und endet in Bitola in Mazedonien«, zog Jashar Salihu schon im Sommer 1998 die Grenzen eines vereinten Großkosovo. Salihu ist Vorsitzender des kosovo-albanischen Homeland Calling Fund. Wie Tausende seiner Landsleute in der albanischen Diaspora in Zürich, Stuttgart oder London sammelt er Spenden. Spenden für Großkosovo: Nicht Altkleider, Nahrungsmittel oder Dachziegel sollen von dem Geld gekauft werden, sondern Waffen. Und das über alle Grenzen hinweg.

Seit dem ersten Kosovo-Krieg, den die Kosovo-Befreiungsarmee UCK im Frühjahr 1998 mit Angriffen auf serbische Polizeistationen begann, hat Salihus Programm Karriere gemacht. Weit über die Grenzen des Kosovo hinaus. »Wenn sie Krieg wollen, dann können sie Krieg haben«, drohte der mazedonischen Regierung am Wochenende etwa Kommandant Hohxa von der Nationalen Befreiungsarmee UCK. Der mazedonische Ableger des kosovarischen Originals stimmte am Sonntag zwar einem Waffenstillstand zu. Die Option, den Kampf um die Arrondierung der albanischen Siedlungsgebiete fortzusetzen, lassen sich die Separatisten aber trotzdem nicht nehmen.

Denn das denkbar einfache Programm, durch gezielte Angriffe auf Polizeistationen oder den Dauerbeschuss von Städten wie Tetovo die albanische Frage offen zu halten, verspricht noch über Jahre hinweg Erfolg. Solange die moderaten Albanerparteien zu Zugeständnissen an die Nato und die EU gezwungen sind, dürfte der bewaffnete Kampf eine Hoffnung für die marginalisierte albanischsprachige Bevölkerung bleiben.

Angesichts ausbleibender internationaler Unterstützung für die Unabhängigkeit des Kosovo könnten auch in der südserbischen Provinz die politischen Nachfolger der UCK bald wieder die Oberhand gewinnen. Gemäßigte Nationalisten wie Ibrahim Rugova, dem im Gegensatz zur UCK ein selbständiges Kosovo in seinen jetzigen Grenzen genügt, wären in diesem Fall schnell aus dem Rennen.

Dem Exportschlager Großkosovo ist aber noch aus einem anderen Grund eine dauerhafte Existenz garantiert: Waffen gibt es im Kosovo und um das Kosovo herum weiter in Hülle und Fülle. Und dafür, dass überall dort, wo sich nur ein Hintergarten voller vermeintlich albanischer Erde befindet, geschossen werden wird, stehen schon Leute wie Salihu, Hohxa oder Hashim Thaqi, der Oberkommandierende der UCK während des Kosovo-Krieges.

Des panalbanischen Wahns wird die so genannte internationale Gemeinschaft auch durch eine neue Interventionstruppe kaum Herr werden. Zwar könnte die Perspektive einer EU- und Nato-Assoziierung der UCK den einen oder anderen Sympathisanten nachdenklich machen. Auf Dauer aber wird sich die albanischsprachige Bevölkerung in Mazedonien oder im serbischen Presovo-Tal mit den unerfüllten Verheißungen nicht abspeisen lassen.

Zehn Jahre nach dem Beginn der beiden ersten Balkan-Kriege - als die Parlamente Kroatiens und Sloweniens am 25. Juni 1991 die Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärten, begannen die ersten Kämpfe - lässt sich unterhalb der Ebene eines eigenenen Staates keine Bevölkerungsgruppe mehr auf die Versprechungen der so genannten internationalen Gemeinschaft ein. Deren verzweifelter Versuch, die nationalistischen Kräfte wieder zu bändigen, dürfte daher auch in Mazedonien in einem aus Brüssel verwalteten Chaos enden.

Out of area, out of control: Werden der ehemalige französische Verteidigungsminister François Leotard als ständiger Vertreter der EU und 3 000 Nato-Soldaten nach Mazedonien entsandt, steht daher nichts weniger als die Schaffung des dritten Protektorats auf dem Balkan bevor. Ein Ende der permanenten Eskalation des großalbanischen Ethno-Terrors aber ist deshalb noch lange nicht in Sicht.