Schilys Pläne für ein neues Zuwanderungsgesetz

Arbeit statt Asyl

Gut acht Jahre nach dem so genannten Asylkompromiss will die rot-grüne Bundesregierung das damals begonnene Projekt nun zu Ende bringen. Vom einstigen Grundrecht auf Asyl dürfte bald nicht mehr übrig bleiben als ein politisch kontingentiertes Gnadenrecht.

Sollten die Vorschläge von Innenminister Otto Schily die legislativen Hürden eines Tages schaffen, wäre aber noch auf andere Weise eine Schwelle überschritten. Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder initiierte Green-Card-Kampagne hätte trotz aller gegenteiligen Beteuerungen nicht nur die Lockerung des Arbeitsrechts für Ausländer, sondern ebenso die Auflösung des tradierten Asylrechts zur Folge. Weil die Einbindung hochqualifizierter Migranten nur funktionieren kann, wenn sie vorher von denen geschieden wurden, die für die volkswirtschaftliche Verwertung überflüssig sind, lässt sich das Konzept allein mit entsprechend repressiven Maßnahmen aufrechterhalten. Von daher sind Assessment-Center und Abschiebelager in der Logik des avisierten rot-grünen Ausländergesetzes nur zwei Einrichtungen desselben Systems.

Die breite Zustimmung zu den Plänen Schilys zeigt, dass Rot-Grün tatsächlich ein Instrument gefunden zu haben scheint, sich der Auflagen des internationalen Flüchtlingsschutzes sukzessive zu entledigen. Begründet mit der Not auf dem deutschen Arbeitsmarkt, sollen sich alle gesellschaftlichen Sphären dem Effizienzprinzip zur Abschöpfung verfügbarer Ressourcen unterwerfen. Und dazu gehört eben auch das von der SPD seit Jahren als ineffektiv und teuer kritisierte Asylsystem. Asylbewerber sollen demnach künftig »je nach regionalem Bedarf« arbeiten dürfen, wenn die lokale Arbeitsbehörde es erlaubt.

Auch die vorgesehene Beschleunigung und Vereinfachung des Asylverfahrens dürfte sich schnell als Einschränkung der Einspruchsmöglichkeiten der Kläger entpuppen. Denn das Ausländer- und Asylrecht soll auf zwei Aufenthaltstitel zurechtgestutzt werden, auf eine befristete Aufenthalts- sowie eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Das ausländerrechtliche Konstrukt der Duldung, das bislang den vorübergehenden Aufenthalt abgelehnter Asylbewerber legalisierte, die nicht abzuschieben waren, soll ersatzlos gestrichen werden.

Da Asylentscheider und Gerichte seit langem den Standpunkt vertreten, dass jeder, der sein Herkunftsland verlassen hat, auf demselben Weg zurückkehren könne, werden aus nicht rückführbaren Flüchtlingen so genannte Ausreiseunwillige gemacht. Für sie sieht Schily die Unterbringung in entsprechenden Ausreiseeinrichtungen vor. Über einen legalen Aufenthaltstitel sollen sie künftig nicht mehr verfügen.

Damit knüpft der Gesetzesentwurf konsequent an die gesamteuropäische Politik einer schrittweisen Illegalisierung von Flüchtlingen an, die Schilys Vorgänger Manfred Kanther (CDU) 1997 begann. Im Zentrum dieser Entwicklung steht die Aushebelung der Genfer Flüchtlingskonvention, in der sich Nationalstaaten vertraglich verpflichtet haben, zum Schutze von Flüchtlingen eigene Interessen zurückzustellen.

Bei dem, was von den meisten Politikern inzwischen als »humanitäre Verpflichtung« abgetan wird, handelt es sich also um internationales Recht, das als Konsequenz aus zwölf Jahren deutscher Raumpolitik den Flüchtlingsschutz von den Verwertungsinteressen der Einzelstaaten abtrennen wollte. Untersagt ist demnach auch die wirtschaftliche Verwertung und Ausbeutung von Flüchtlingen.

Da Arbeit in Deutschland in der Regel jedoch als Recht und nicht als Zwang aufgefasst wird, steht einem künftigen Recht Illegalisierter, für ihre Internierungskosten zu arbeiten, wenig entgegen. In der Nachbarschaft ihres Arbeitsplatzes untergebracht, könnten sie so die deutsche Wettbewerbsfähigkeit im Informationszeitalter beispielsweise mit dem Zusammenlöten von Halbleitern unterstützen.