IG Metall und Gesamtmetall beschließen ein Versorgungswerk

Die Privatrente ist politisch

Klaus Zwickel, der Vorsitzende der IG Metall, kommt aus dem Jubeln nicht heraus. Nach der hoch gelobten Einigung mit dem Volkswagenkonzern auf den Kuhhandel »5 000 mal 5 000« kann er ein weiteres »richtungsweisendes« Modell als Erfolg für sich verbuchen, das Altersversorgungswerk für die 3,5 Millionen Beschäftigen der Metall- und Elektroindustrie. Und wieder ist Skepsis angebracht.

Zur Erinnerung: Irgendwann hatten mehr oder weniger alle die Möglichkeit, sich einen Arbeitsplatz zu suchen und 40 Jahre am Stück zu schuften. Dafür bekamen sie eine Rente, von der es sich irgendwie leben ließ. Dann wurden zuerst die Arbeitsplätze knapp.

Im Januar 2002 tritt die Rentenreform von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) in Kraft. Mit der »Riester-Rente« sinkt das Rentenniveau. Dafür dürfen ArbeitnehmerInnen Teile ihres Lohns in eine zusätzliche private Rentenkasse einzahlen und werden dabei unter bestimmten Bedingungen vom Staat gefördert.

Der jüngste Vertragsabschluss der IG Metall bedeutet lediglich, dass die ArbeitnehmerInnen der Metall- und Elektrobranche nun ein tariflich festgelegtes Recht darauf haben, sich von ihrem Arbeitgeber bei der privaten Rentenvorsorge formal unterstützen zu lassen. Sollte er kein Angebot unterbreiten wollen oder können, wird das Versorgungswerk zu Rate gezogen. »Nur Vorteile« bringe das von Zwickel und dem Präsidenten des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegießer, unterzeichnete Vertragswerk für beide Seiten, stellte die Wirtschaftswoche fest. Unter den gegebenen Umständen stimmt das. Der kleine Mann oder die kleine Frau hat nun bessere Möglichkeiten, mithilfe des Arbeitgebers eine günstige Versicherung zu finden, und bekommt »Mengenrabatt«. Dem Arbeitgeber entstehen keinerlei zusätzliche Kosten, allenfalls vergrößert sich der Organisationsaufwand.

Freuen können sich aber vor allem die Banken und Versicherungen, die demnächst die zusätzlich angelegten sieben bis acht Milliarden Mark - so die Schätzung der IG Metall - verwalten dürfen. Welche das sein werden, wird nach einer Ausschreibung im November festgelegt. Zu den Auswahlkriterien zähle neben den Geschäftsbedingungen die Berücksichtigung ethischer Belange, sozialer Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit bei der Kapitalanlage, heißt es immerhin in einer Presseerklärung der IG Metall.

Gefördert werden mit dem sicher in anderen Branchen Schule machenden Modell auch Anlagen in Pensionsfonds nach US-amerikanischem Vorbild, die ja dort bereits private AnlegerInnen in den Ruin gestürzt haben. Dennoch veranlasste das die Hannoversche Allgemeine zu einer paradiesisch anmutenden Vision. Sie spricht von einer überbetrieblichen kapitalgedeckten Zusatzrente, »die aus Deutschlands Arbeitnehmern viele kleine Kapitalisten machen könnte, die vereint weltweit investieren«. Welch unheimliche Vorstellung.

Insgesamt ändert die neue Vereinbarung nichts daran, dass die ArbeitnehmerInnen selbst der Senkung ihrer Rente entgegenwirken müssen. Denn weder betriebliche noch überbetriebliche Rentenversicherung heißt, dass jemand anders dort einzahlt. Denen, die viel verdienen, wird das nicht schwer fallen. Den schlecht Verdienenden wird der angelegte Teil des Lohns im Geldbeutel fehlen. Und der stetig wachsenden Zahl an Personen, die unter prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, nützt die Regelung gar nichts. Kein Grund zur Freude also. Allenfalls von Schadensbegrenzung für einen Teil ihrer Klientel dürfte die IG Metall reden.