Ortega verliert Wahl in Nicaragua

Bremsklotz der Frente

Rosarot und weich gespült hatte sich Daniel Ortega in den letzten Monaten gegeben. Den schneidigen Comandante hatte er in der Mottenkiste verstaut und Zweckbündnisse geschmiedet, um seinen Traum zu verwirklichen, im dritten Anlauf wieder in den Präsidentenpalast einzuziehen. Der Traum ist aus. Daniel Ortega ist mit etwa 43 Prozent der Stimmen Zweiter, und Enrique Bolaños wird im Januar die Präsidentenschärpe von seinem Vorgänger und Parteigenossen Arnoldo Alemán übernehmen. Knapp 56 Prozent der Stimmen entfielen auf den 73jährigen, der im Wahlkampf keine Chance ausließ, den politischen Gegner zu diffamieren. Ortega stehe für den Bürgerkrieg - das war eine der zentralen Botschaften, die auch schon seinem Vorgänger geholfen hatten, die Sandinisten in Schach zu halten. Und das Rezept ist wieder aufgegangen.

Daran haben auch die USA mitgewirkt, die über ihren Botschafter Oscar Vargas durchblicken ließen, dass sie Ortega nicht akzeptieren würden. Das hat bei vielen Wählern für zusätzliche Verunsicherung gesorgt, die einen für »nationale Versöhnung« eintretenden Daniel Ortega sich nur schwer vorstellen konnten.

Das Facelifting vom Comandante zum gläubigen Staatsmann, das ihm die chilenischen Werbestrategen ebenso verpasst hatten wie die sanften Rosatöne statt des kräftigen Schwarz-Rot der FSLN, hat nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Trotz aller Bemühungen gelang es der Frente nicht, das bürgerliche Lager zu erreichen und dort die fehlenden Stimmen zu mobilisieren.

Doch genau darauf war der Wahlkampf des sich versöhnlich gebenden und für alle Verfehlungen der achtziger Jahre entschuldigenden Daniel Ortega angelegt. Abgenommen hat ihm die Läuterung zum sozialen Marktwirtschaftler kaum jemand aus dem bürgerlichen Lager.

Übel genommen wurde der Ausverkauf sandinistischer Prinzipien aber in Teilen der eigenen Partei, die nach der Wahlniederlage die seit elf Jahren anvisierte Erneuerung dringend benötigt. Ein neues Gesicht wollten viele Frente-Anhänger auch schon bei diesen Wahlen sehen, doch Daniel Ortega, der gemeinsam mit Tomás Borge die FSLN straff dirigiert, setzte sich gegen den eher linken Flügel um Victor Hugo Tinoco durch. Und dass Daniel Ortega nach seinem dritten erfolglosen Anlauf Platz machen wird, ist nicht allzu wahrscheinlich. Sein Mandat im Parlament hat er in jedem Fall sicher, und so wird er die Frente-Fraktion wohl wie gehabt in die Opposition führen.

Diese Rolle konnte er in den letzten Jahren immer wieder zu seinen Gunsten interpretieren. Der Pakt mit den Liberalen, der rechten Partei Alemáns, von 1997 hat nicht nur dazu geführt, dass es gut dotierte Posten für Parteigänger gab, sondern hat ihm auch die Sicherheit verschafft, unabhängig vom Wahlausgang im Parlament zu sitzen. Drei Kritiker wurden im Dezember per Parteiausschluss abserviert - auch ein Grund, weshalb eher sozialdemokratisch orientierte Ex-Sandinisten wie Ernesto Cardenal, Sergio Ramirez und Gioconda Belli, Nicaraguas bekannteste Schriftstellerin, zum Wahlboykott aufriefen.

Dabei hatte Ortega gute Chancen, Arnoldo Alemán im Präsidentenpalast abzulösen. Dessen Regierungsbilanz ist von Korruption geprägt, für die auch sein Vizepräsident, Enrique Bolaños, mitverantwortlich ist. Bolaños gilt zwar als ehrliche Haut, hat Alemán aber machen lassen und nachsichtig den Mund gehalten. Erst im Wahlkampf hat er sich nach und nach von Alemán distanziert und langsam Boden gutgemacht. Zu Nutze kam ihm dabei auch der Anschlag auf das World Trade Center in New York und die damit einhergehende internationale Verunsicherung. Bestehende Ängste zu verstärken, fiel dem ehemaligen Präsidenten des Unternehmerverbandes dann nicht mehr schwer, und auf die Unterstützung der USA konnte er sich blind verlassen.